FILMZ 09: Hauptpreis und Kurzfilmwettbewerb
Ja, jetzt ist es rum, das 9. FILMZ – Festival des deutschen Films in Mainz. Erneut wurde ein neuer Besucherrekord vermeldet. Rund 5.900 Besucher waren es, 700 mehr als im Jahr zuvor.
Am Sonntag, dem 29. November gab es die traditionelle Preisverleihung im Anschluss an den Kurzfilmwettbewerb. Rappelvoll war das Residenz Kino, entsprechend dürftig die Lust gegen Ende und undultsam das Publikum mit den Rednern. Sei's drum.
Gewinner des „Mainzer Rads“ wurde nicht, wie von vielen erwartet, die flotten 13 SEMESTER, sondern mit hauchdünnem Vorsprung – alle Preise sind Publikumspreise – Aelrun Goettes KEINE ANGST. Deren zwei junge Schauspielerinnen Carolyn Genzkow und Michelle Barthel nahmen in hinreißender Aufgeregtheit und Sprachlosigkeit den Preis entgegen, waren auch schon auf dem Heimweg gewesen, als sie von den FILMZ-Veranstaltern aufgrund der Gewinnchance zurückbeordert wurden.
Sieger des Drehbuchpitchs war Florian Eichinger für sein Filmkonzept zu NORDSTRAND ausgezeichnet und Sönke Andresen mit dem Treatment zu FLUG NACH UNTERLEUTERSHEIM. Die Trophäe wurde allerdings von Tidi von Tiedemann von Kontrastfilm (haha!) nur indirekt überreicht: Die Glasflammen waren auf dem Weg nach Mainz verschütt gegangen, weshalb es ein Foto davon gab. Das war insofern witzig, als ein wenig zum Kurzfilmpreisträgerfilm passte:
Der Kurzfilmpreis ging an Erik Schmitts, Oliver Walsers und Stephan Müllers „Nicht nur der Himmel ist blau“: Mit nur zwei Tagen Zeit und der Themenvorgabe „Mockumentary“ lieferten sie nicht nur eine Fake-Doku ab, sondern die „gefälschte“ Dokumentation eine falschen „Dokumentation“, die eine Protestaktion der Figuren darstellt: Um den Umweltfrevler Lufthansa eins auszuwischen, werden angeblich ein von einem Flugzeugen abgefallener Reifen in der Fußgängerzone präsentiert, „versteckte Kamera“-Aufnahmen aus einem „Cockpit“ in YouTube quasi doppelt getürkt und ein falscher betrunkener „Pilot“ torkelnd durch den Flughafen Tegel geschickt – natürlich beim echten Dreh wie beim „Film im Film“ ohne Drehgenehmigung.
Aber es war schwer, sich bei FILMZ für den besten Kurzfilm zu entscheiden. Eine kleine, beliebige Auswahl:
Felix Stienz, alter FILMZ-Haase mit Berliner Schnauze (zumindest auf der Bühne) präsentierte einen großartigen BETTY B. AND THE THE’S, eine lakonische, bild-schöne, wortkarge und skurrile Verbeugung vor Aki Kaurismäki.
Tom Waits wurde in NEVER DRIVE A CAR WHEN YOU’RE DEAD nicht ausdrücklich gedankt, aber der Titel, eine Zeile aus Waits „Telephone Call From Istanbul“ und die Musik waren beredt genug: Gregor Dashhubers Zeichentrickfilm erzählt wortlos aber musikalisch vom Letzten Geleit, das sich ein Selbstmörder durch die bizarr-verkommene Stadt und ihre herrlich grässlichen Albtraumgestalten quasi selbst gibt.
Peter Hackers JOULUPUKKI JA PORO bot eine computerisierte Realfilmvariant von Cartoons der Marke Tex Avery und Co.: Der Weihnachtsmann und ein Rentier (= ein Mann in Rentierkostüm) jagen sich gegenseitig ein Geschenk ab. Samt Vom-Zug-überrollt-Werden, Lichtschalter am Baum und Dynamit.
MEINE DUMME EX wiederum reflektiert mit bemerkenswert beklemmender Direktheit, weil allzu nah an der Realität, wie man(n) sich an einer Ehemaligen rächt, indem man das Heimsexvideo ins Internet stellt und sie so für Abermillionen (Männer) zynisch zum Schauobjekt degradiert (Regie Steffen Zillig, Moritz Herda).
Im Anschluss gab es dann noch Sekt oder Traubensaft, dank der Initiative KINO VINO („Cineastische Begegnungen und inspirierende Weine“), und wenn nicht in Mainz, wo dann? So endete FILMZ, das von lauter Freiwilligen mit viel Engagement betrieben wird, mit einer ihm würdigen Qualität.
Wir freuen uns aufs nächste Jahr. Da findet das FILMZ 10 voraussichtlich vom 23. bis zum 28. Nov. statt.
Bernd Zywietz