Fremd ist der Fremde nur in der Fremde – "Planet 51"
von Harald Mühlbeyer
Spanien/Großbritannien 2009. Regie: Jorge Blanco, Javier Abad, Marcos Martinez. Buch: Joe Stillman. Musik: James Brett. Produktion: Guy Collins, Ignacio Pérez Dolset. Originalstimmen: Dwayne “The Rock” Johnson, Jessica Biel, Justin Long, Seann William Scott, Gary Oldman, John Cleese.
Länge: 90 Minuten.
Verleih: Sony
Kinostart: 3.12.2009
HandMade Films – die Firma, die Ex-Beatle George Harrison und sein Manager Denis O’Brien damals für „Das Leben des Brian“ gegründet haben – existiert überraschenderweise noch, zumindest dem Namen nach. Sie stemmte die britische Finanzierung für eine Produktion des neuen spanischen Animationsstudios Ilion, die mit Hollywood-Besetzung eine uramerikanische Geschichte erzählt. Nunja: eine etwas verdreht-amerikanische Geschichte.
13 Milliarden Kilometer von uns entfernt auf dem Planeten 51 ist alles so, wie es in einem idealen Amerika der 50er Jahre hätte gewesen sein können: eine reine Idylle, in der sich im gutnachbarlichen Miteinander niemand Böses will und in der sich die Kids an den „Homaniac“-Science Fiction-Filmen über die Invasion Außerirdischer ergötzen. Und der Kinoschrecken wird wahr: Ein Raumschiff landet. Ein Astronaut betritt den Planeten. Und rammt die USA-Flagge in den Boden.
Das ist ein wunderbarer Ausgangspunkt, eine verkehrte Welt, die die irdische Angst vor dem Außerirdischen umdreht: Für die ist natürlich der Mensch der Alien. Dabei erliegen die Planet 51ianer der typischen Paranoia der 50er Jahre: Alles Fremde wird als staatsgefährend angesehen, unterstützt von populären Filmen entwickelt sich ein angsterfülltes, misstrauisches, letztendlich ignorantes Klima allgemeiner Paranoia – und das könnte eine gewitzte Satire auf westliche Lebensstile und -gewissheiten des letzten halben Jahrhunderts werden. Zumal der Astronaut-Eindringling in die friedliche außerirdische Welt arrogant-selbstgerecht-imperialistisch-chauvinistisch auftritt, die (liebevolle) Karikatur des typischen Amerikaners eben.
Aber andererseits will „Planet 51“ allen gefallen. Und beißt nicht, ja, bellt nicht einmal, kläfft nur ein bisschen und schmust sich ansonsten durch. Denn eigentlich haben immer noch alle alle lieb, sie wissen nur zuwenig voneinander, der Mensch und die Aliens, und die US-Erkundungssonde ist ohnehin ein liebevoll mit der Antenne wedelndes Pendant zu den außerirdischen Hunden.
Vielleicht kann eine satirische Zuspitzung dieser verkehrten Welt auch nicht erfolgen, weil so etwas wie Kalter Krieg oder McCarthyismus außen vor bleiben; weil sich die Invasionsangst der Außerirdischen nur aus der Kino-Massenkultur von Sci-Fi-Filmen speist (was die real-irdischen Verhältnisse auf den Kopf stellt). So bleibt es eben bei einer witzigen Heldengeschichte, durchsetzt mit einigen popkulturellen Anspielungen. Schließlich war Drehbuchautor Joe Stillman – der einzige tatsächliche kreative Input aus Amerika – auch der Autor der ersten beiden „Shrek“-Filme. Angeheuert wurde er vermutlich, weil er sich mit grünen Männchen auskennt.