„Wenn es Nacht wird in Manhattan“ / „Cotton Comes to Harlem“, USA 1970, Regie: Ossie Davis
„Mad Foxes“ / „Los Violadores“ / „Stingray 2“ / "Feuer auf Räder" [sic!] u.v.a., Schweiz/Spanien 1981, Regie: Paul Grau
Werden wir mal politisch, eine Grindhouse-Nacht lang. Und das meint: Werden wir mal grundsätzlich, ein paar Absätze lang.
Der Exploitation-Film entstammt dem Politischen, den gesellschaftlichern und kulturellen Umbrüchen der 1950er und 1960er Jahre; mit Rock’n’Roll-, Biker-, Beach- und sonstigen Teeniefilmen nimmt er die gegenkulturellen Strömungen auf und als Zielgruppe war. Damit steht er im Gegensatz zum klassischen Hollywoodkino, das möglichst die Gesamtheit der Zuschauer im Blick hatte, dafür auch das Genre- und Starkino erfunden hat, die nun auf der anderen Seite der Medaille in niederer Form, vielleicht als pervertierte Travestie, vielleicht auch als qualitativ heruntergeschraubte Billigvariante, auf den Markt strebten.
Die Bürgerrechtsbewegung um die schwarze Gleichberechtigung in Amerika brachte dann innerhalb des gegenkulturell orientierten, gleichwohl auf Gewinn strebenden und daher niedere Instinkte ansprechenden Exploitation-Grindhouse-Trash-Films den Blaxploitationfilm hervor. Der wiederum schlug – wie in vielen (Sub)Genres verbreitet, die als eine Art Geburtsfehler ihren eigenen parodistischen Umschwung schon in nuce mit sich tragen – ab sagen wir ca. 1973 um in die typischen Black-Macho- und Big-Tit-Mama-Action-Klischees, die wir so lieben: schlagkräftige „Nigger“ (Selbstbezeichnung) und nackige Chicks bei diversen Verfolgungsjagden, Prügel- und Schießereien, und das dann in einer deutschen Synchro, die die höchsten der Gefühle hervorruft…
Am Anfang aber stand da eben doch noch der politische Gedanke einer black community, die unter dem Druck von außen, sprich: des Systems der Weißen, zusammengeschweißt wird. Eine schwarze Gemeinschaft, für die diese Filme gedreht wurden, von der diese Filme handelten, und in der diese Community auch siegte. Martin Luther King und Malcolm X werden als Paten benannt; und im Grunde ist die bloße Existenz dieser Filme schon fast so etwas wie die Revolution – oder der erste Schritt hin zur Utopie – der selbstbewussten, selbstbestimmten, gleichberechtigten black people of America.
Dieser politische Ursprung, umgesetzt in filmischen Subtext, wird freilich ins Gefäß des Genres gegossen, und zwar des mehr oder weniger reißerischen des Actionfilmes – weil das die Leute anspricht, weil sich das an der Kasse auszahlt, und wahrscheinlich ist dies auch das, was die Filmemacher von Regie bis Produktion am ehesten können, oder zu können glauben.
In „Cotton Comes to Harlem“, einem der frühen Blaxploitation-Filme, ein Jahr vor „Shaft“, gelingt diese Mischung aus (subtexueller) politischer Relevanz und klarer Publikumsaffinität: Ein Krimiplot mit Actionszenen, punktuellem comic relief inklusive doofem weißen, ja sogar blondem Polizisten, pfiffigen schwarzen Tausendsassas und komödiantisch überzogenen Spektakulärismen auf der einen Seite. Und auf der anderen: schwarze Hauptfiguren; die Bevölkerung von Harlem (bei der sich die Filmemacher im Abspann für die Kooperation bedanken); ein schwarzer Reverend als Vorsteher einer „Back to Africa“-Bewegung, und ein Ballen Baumwolle als MacGuffin, Symbol kontinuierlicher sklavischer Unterdrückung.
Der Anfang des Films: Eine Kundgebung von Reverend Deke O’Malley, der eine Art schwarze Zionismus-Bewegung propagiert und Geld sammelt, Anteile für ein Schiff namens „Black Beauty“, das seine Anhänger über den Ozean zurück ins afrikanische Paradies bringen soll. Starker Ausdruck der Unbehaustheit der Schwarzen im zeitgenössischen Amerika – jedenfalls hat O’Malley eine Menge Zulauf. Doch dann – Schüsse, Attentäter, Erinnerungen an Martin Luther King und Malcolm X und ihre letzten Minuten bei öffentlichen Versammlungen – und die 87.000 Dollar, die der Reverend gesammelt hat, sind geklaut.
Zum Glück gibt es die unkonventionellen Polizisten „Gravedigger“ Jones und „Coffin“ Ed Johnson. Die nicht vor heftigen Verfolgungsjagden und nächtlichen Schießereien auf dem Schrottplatz zurückscheuen und dabei immer Herz, Ohr und Beine fest in der Bevölkerung verankert haben: Die beiden gehören zur Community, nur dass sie dabei für ein Mindestmaß an Ordnung sorgen. „Wir haben vielleicht Knochen gebrochen, aber niemals ein Versprechen!“ – wo Aufruhr ist, da können die beiden beruhigen und dennoch sicherstellen, dass nicht einfach Recht, sondern Gerechtigkeit geschieht. Zwei eingespielte Buddys mit harten Fäusten, coolen Sprüchen und dem richtigen Riecher, so soll es sein. Ihr Gegenspieler, das wird schnell klar: Deke O’Malley, der Windhund, der Geld sammelt und es selbst klauen lässt, der die Gutgläubigkeit, nein: die Hoffnung „seiner“ Leute ausnutzt und damit immer wieder durchkommt…
Da fliegen Leute bei Schlägereien oder Autounfällen meterhoch durch die Luft, da gibt es Glanzauftritte der Komiker Redd Foxx („Sanford & Son“) und Lou Jacobi (der Transvestit in Woody Allens „Was Sie schon immer über Sex usw. usf.“), eine liebreizende Dame, die duscht, und eine drehbare Kirchenkanzel als Eingangstor zu einem Geheimgang. Und natürlich als Ziel der Begierde dieser Baumwollballen – was macht der eigentlich in Harlem? Das ist Unterhaltung in schönster Form – und vermengt mit einem trotz allem stets spürbaren politischen Fundament ist dieser Film eine wirklich runde Mischung; produziert von Samuel Goldwyn, Jr., ja: Verbindung zu good ole Hollywood – und am ehesten findet sich die goldrichtige Geisteshaltung des Films, wenn sich eine Stripperin über all diese Ballons und Federn und Fächer beschwert, die ja so gar nichts über die black people aussagen; und am Ende sehen wir sie tanzen auf dem Baumwollballen, die perfekte Verbindung von simplem Reiz-Reaktions-Schema und gesellschaftlich-selbstbewusst-revolutionärem Kontext, wenn der Striptease politisch wird.
Politisch geht es weiter. Naja, so irgendwie politisch. Mit Nazis und so. Vor allem aber: Mit Hal. Der hat eine Art blonden Haarputz auf, den jeder Schlagersänger als too much ablehnen würde; ist so doof, dass sogar sein FDP-Aufnahmeantrag abgelehnt wurde; hat aber ein super Stingray-Rennauto, das dem Film einen seiner vielen Titel gab: „Stingray 2“, womit sich Regisseur Paul Grau – unter dem einfallsreichen Pseudonym Paul Gray – als inoffizielles Sequel an einen inzwischen auch schon vergessenen Film anhängt, in dem Mark Hamill mitspielt. Aber wurscht. Hal jedenfalls hat gescored: mit seiner gerade 18 gewordenen Freundin rauscht er der Defloration entgegen, aber Halt: An einer Kreuzung überholt sie das Böse. In Form einer Gruppe Motorradrocker in so exzessiver Nazi-Leder-Kleidung, dass der innere Reichsparteitag, den wir bei diesem Anblick empfinden, nur von den vor Entzücken im Viereck springenden Marcusstigleggers in uns übertroffen wird (an dessen schönes Bändchen „Nazi-Chic und Nazi-Trash“ wir an dieser Stelle erinnern wollen).
Jedenfalls: Nach dieser ersten eher unfreundlichen Begegnung geht’s weiter in die Disco, wo die Flasche Privatwhisky wartet, Hal sondert Schleim und Phrasen ab, ein bisschen Rummachen mit der Freundin – hey, ihr 18. muss gefeiert werden! –, und verbale Vorbereitung auf die Entjungferung: „Für mich ist es auch das erste Mal! Ja, ich hatte schon viele Frauen – aber weil es für dich das erste Mal ist!“ Immerhin hat man sich schon vor acht Jahren (!) für dieses First-Time-Fickificki verabredet. Auf der Fahrt zum Bett – die Nazirocker wieder. Sie hauen Hal auf den Kopf und vergewaltigen dessen Babsy (ausgesprochen: „Bäbsi“) – er sitzt in der Ecke, und sehr lange bumst der Nazi-Capo das verzweifelte Mädchen, das damit auch aus dem Film verabschiedet wird. Womit klar ist, dass wir es hier mit einem heftigen inhärenten Zynismus zu tun haben, im ganzen Film, in all seinen Strukturen, und vielleicht ohne es selbst zu bemerken, denn Regie, Mise en scene, Schauspieler, Kamera, Musik, Schnitt – alle sind so herrlich unbedarft! Und aus jedem frame tropft hochkonzentrierte Unmoral! Hach!
Direkt nach der Vergewaltigung will Hal Rache – aber an seine Kleine denkt er nicht mehr, die ist in der Klinik versorgt. Vielmehr schneidet der Film auf ein hohes phallisches Gebäude, wo angeblich die Polizei drin wohnt, die aber auch nicht hilft. Dafür sehen wir Hal im Bett mit seiner Geliebten – also einer anderen jetzt, er hat nämlich viele –, und zudem ruft er seine Kumpels vom Kickboxerkaratekungfu-Club an. Nachts im Amphitheater (!) gibt’s Klopperei, und der Nazi-Führer wird entmannt. Was wir auch so ziemlich genau sehen, wie ohnehin die Penisquote im Film hoch ist.
Was haben wir gelernt in dieser Exposition? Hal ist ein Arsch. Die Nazis sind Ärsche. Die Frauen
sind McGuffins. Und im Weiteren wird gerächt und gegengerächt, hin und her, mit Maschinenpistolen und Handgranaten gegen den Karateklub, dann Hal hinterher – und ganz plötzlich weiß man als Zuschauer gar nicht mehr, woran man ist. Weil ein nackter Mann und eine nackte Frau im Bild auftauchen, deren Leibesmitte in Großaufnahme, und der fummelt an ihr rum, am Strand, und sie lässt es geschehen, und er beschwört seine Liebe, und sie so: jaja, und er so: liebst du mich, und sie so: jajajaja. Dann taucht Hal wieder auf in seiner Stingray, wir freuen uns, dass wir uns noch im selben Film befinden, und weil Hal ein viel geilerer Stecher ist als der Schlaffi vom Strand, schließt sich die Nackige als Hitchhikerin unserem Helden an, der mit ihr aufs Landgut seiner Eltern fährt. An den eigentlichen Grund seiner Fehde mit den Nazirockern, an die Vergewaltigung oder wenigstens vielleicht an die verpasste Entjungerferung denkt Hal jetzt keine Sekunde mehr. Auf dem Landgut: Die Mama im Rollstuhl, der Papa Typ alternder Intellektueller, der Sohn reitet mit seiner Neuen aus. Die immer denselben Pullover anhat, während Hal, stilbewusst wie immer, ständig sein Outfit wechselt, auch mehrmals am Tag: Muss ja nicht immer der olle Pullunder sein mit dem bunten Muster, das auf unglaublich irritierende Weise die Rallyestreifen der Stingray repetiert…
An dieser Stelle ist es ratsam, darauf aufmerksam zu machen, dass wir es hier mit einem der trashigsten Trashstreifen der Weltgeschichte zu tun haben. So schlimm, dass sich sogar Produzent Erwin C. Dietrich schämte und in den Credits verleugnen lässt! So schlimm, dass die Nazis immer mal wieder keine Hakenkreuze in ihren Armbinden tragen – das scheint von einem letzten Rest Verantwortungsgefühl bei den Filmemachern zu zeugen (freilich aus Selbsterhaltungstrieb heraus), die nämlich vermutlich bei den Außenaufnahmen eben doch keine Hoheitszeichen nationalsozialistischer Provenienz vorführen wollten; Drehgenehmigungen gab es wahrscheinlich eh keine. Jedenfalls: Im Freien keine Swastikas, dafür im Haus. Einer der wirklich üblen Continuity-Fehlern, den wir krass bemerken, als die Bande das Landgut überfällt und der Film wieder in seinen Gore-Modus rutscht, mit der Heckenschere im Rachen des Garten-Boys, mit den MG-Salven durch diverse Leiber, und der netten spanischen Haushälterin werden bei lebendigem Leib die Eingeweide herausgerissen.
Ja: Der Film wurde in Spanien gedreht, das versucht er auch gar nicht zu vertuschen, wiewohl die Synchro das dennoch nicht mitgekriegt hat und Hals Wohnung penetrant in der Marktstraße verortet.
Der wird nach Bumsi-Freuden und Familiegemeuchelt-Schock zornig und zieht los, jetzt aber mal persönlich die bösen Nazibuben so richtig ranzunehmen. Dafür hat er sich ein Gewehr besorgt – bzw. drei – nein: eigentlich doch nur eines, das aber von Szene zu Szene seine Gestalt wandelt, von Schrotflinte über Winchester zu Pumpgun, wie ja auch die Nazis von Einstellung zu Einstellung in derselben Szene diverse Waffen in den Händen halten. In seinen Fehlern ist der Film konsequent! Haben wir zuvor den obersten Rocker-Lackaffen beim Pissen gesehen, nackt im Garten, der dann von seinem Kameraden in den Popo getreten wurde und ihm – Penisalarm! – nachstieg, als sei er Beamter im Ministry of Silly Walks, sehen wir ihn jetzt aufm Klo sitzen, das Hal hurtig in die Luft sprengt. Ein schöner Tod! Noch schöner, dass er in der nächsten Szene durch ein Filmstudio muss, und zwar durch das Set eines Filmes namens „Mad Foxes“, der dort gerade gedreht wird – postmoderne Selbstreflexivität, ick hör dir trapsen! Einer der Nazis wird bei seiner Domina gekillt, und am Ende – nein, das muss man gesehen haben. Was der entmannte Oberführer in seiner Freizeit gebaut hat. Und was dem Film letztendlich doch ein Happy End verleiht: weil nämlich alle Unsympathen tot sind. Sprich: alle Filmfiguren.
So, wie wir’s uns ja auch im wirklichen Leben wünschen, wo an allen Ecken Nazis hocken oder gewalttätige Lackmeier, tumbe Schläger und üble Flittchen: Über die lachen wir hier, ja, wir lachen, hahaha, wir lachen die Schrecken realer politischer oder gesellschaftlicher Quatschköppe und Gewaltextremisten weg, weil in diesem Film alles nur eitler Tand ist. Und weil wir’s wissen, genießen wir’s.
Harald Mühlbeyer
„Mad Foxes“ / „Los Violadores“ / „Stingray 2“ / "Feuer auf Räder" [sic!] u.v.a., Schweiz/Spanien 1981, Regie: Paul Grau
Werden wir mal politisch, eine Grindhouse-Nacht lang. Und das meint: Werden wir mal grundsätzlich, ein paar Absätze lang.
Der Exploitation-Film entstammt dem Politischen, den gesellschaftlichern und kulturellen Umbrüchen der 1950er und 1960er Jahre; mit Rock’n’Roll-, Biker-, Beach- und sonstigen Teeniefilmen nimmt er die gegenkulturellen Strömungen auf und als Zielgruppe war. Damit steht er im Gegensatz zum klassischen Hollywoodkino, das möglichst die Gesamtheit der Zuschauer im Blick hatte, dafür auch das Genre- und Starkino erfunden hat, die nun auf der anderen Seite der Medaille in niederer Form, vielleicht als pervertierte Travestie, vielleicht auch als qualitativ heruntergeschraubte Billigvariante, auf den Markt strebten.
Die Bürgerrechtsbewegung um die schwarze Gleichberechtigung in Amerika brachte dann innerhalb des gegenkulturell orientierten, gleichwohl auf Gewinn strebenden und daher niedere Instinkte ansprechenden Exploitation-Grindhouse-Trash-Films den Blaxploitationfilm hervor. Der wiederum schlug – wie in vielen (Sub)Genres verbreitet, die als eine Art Geburtsfehler ihren eigenen parodistischen Umschwung schon in nuce mit sich tragen – ab sagen wir ca. 1973 um in die typischen Black-Macho- und Big-Tit-Mama-Action-Klischees, die wir so lieben: schlagkräftige „Nigger“ (Selbstbezeichnung) und nackige Chicks bei diversen Verfolgungsjagden, Prügel- und Schießereien, und das dann in einer deutschen Synchro, die die höchsten der Gefühle hervorruft…
Am Anfang aber stand da eben doch noch der politische Gedanke einer black community, die unter dem Druck von außen, sprich: des Systems der Weißen, zusammengeschweißt wird. Eine schwarze Gemeinschaft, für die diese Filme gedreht wurden, von der diese Filme handelten, und in der diese Community auch siegte. Martin Luther King und Malcolm X werden als Paten benannt; und im Grunde ist die bloße Existenz dieser Filme schon fast so etwas wie die Revolution – oder der erste Schritt hin zur Utopie – der selbstbewussten, selbstbestimmten, gleichberechtigten black people of America.
Dieser politische Ursprung, umgesetzt in filmischen Subtext, wird freilich ins Gefäß des Genres gegossen, und zwar des mehr oder weniger reißerischen des Actionfilmes – weil das die Leute anspricht, weil sich das an der Kasse auszahlt, und wahrscheinlich ist dies auch das, was die Filmemacher von Regie bis Produktion am ehesten können, oder zu können glauben.
Was macht die Baumwolle in Harlem? |
Der Reverend - ein neuer Moses? |
Zum Glück gibt es die unkonventionellen Polizisten „Gravedigger“ Jones und „Coffin“ Ed Johnson. Die nicht vor heftigen Verfolgungsjagden und nächtlichen Schießereien auf dem Schrottplatz zurückscheuen und dabei immer Herz, Ohr und Beine fest in der Bevölkerung verankert haben: Die beiden gehören zur Community, nur dass sie dabei für ein Mindestmaß an Ordnung sorgen. „Wir haben vielleicht Knochen gebrochen, aber niemals ein Versprechen!“ – wo Aufruhr ist, da können die beiden beruhigen und dennoch sicherstellen, dass nicht einfach Recht, sondern Gerechtigkeit geschieht. Zwei eingespielte Buddys mit harten Fäusten, coolen Sprüchen und dem richtigen Riecher, so soll es sein. Ihr Gegenspieler, das wird schnell klar: Deke O’Malley, der Windhund, der Geld sammelt und es selbst klauen lässt, der die Gutgläubigkeit, nein: die Hoffnung „seiner“ Leute ausnutzt und damit immer wieder durchkommt…
Striptease auf Baumwolle |
Politisch geht es weiter. Naja, so irgendwie politisch. Mit Nazis und so. Vor allem aber: Mit Hal. Der hat eine Art blonden Haarputz auf, den jeder Schlagersänger als too much ablehnen würde; ist so doof, dass sogar sein FDP-Aufnahmeantrag abgelehnt wurde; hat aber ein super Stingray-Rennauto, das dem Film einen seiner vielen Titel gab: „Stingray 2“, womit sich Regisseur Paul Grau – unter dem einfallsreichen Pseudonym Paul Gray – als inoffizielles Sequel an einen inzwischen auch schon vergessenen Film anhängt, in dem Mark Hamill mitspielt. Aber wurscht. Hal jedenfalls hat gescored: mit seiner gerade 18 gewordenen Freundin rauscht er der Defloration entgegen, aber Halt: An einer Kreuzung überholt sie das Böse. In Form einer Gruppe Motorradrocker in so exzessiver Nazi-Leder-Kleidung, dass der innere Reichsparteitag, den wir bei diesem Anblick empfinden, nur von den vor Entzücken im Viereck springenden Marcusstigleggers in uns übertroffen wird (an dessen schönes Bändchen „Nazi-Chic und Nazi-Trash“ wir an dieser Stelle erinnern wollen).
Räder müssen rollen |
Direkt nach der Vergewaltigung will Hal Rache – aber an seine Kleine denkt er nicht mehr, die ist in der Klinik versorgt. Vielmehr schneidet der Film auf ein hohes phallisches Gebäude, wo angeblich die Polizei drin wohnt, die aber auch nicht hilft. Dafür sehen wir Hal im Bett mit seiner Geliebten – also einer anderen jetzt, er hat nämlich viele –, und zudem ruft er seine Kumpels vom Kickboxerkaratekungfu-Club an. Nachts im Amphitheater (!) gibt’s Klopperei, und der Nazi-Führer wird entmannt. Was wir auch so ziemlich genau sehen, wie ohnehin die Penisquote im Film hoch ist.
Was haben wir gelernt in dieser Exposition? Hal ist ein Arsch. Die Nazis sind Ärsche. Die Frauen
Vergewaltigt und alsbald vergessen |
Innere Werte |
Ja: Der Film wurde in Spanien gedreht, das versucht er auch gar nicht zu vertuschen, wiewohl die Synchro das dennoch nicht mitgekriegt hat und Hals Wohnung penetrant in der Marktstraße verortet.
John Cleese-Ähnlichkeitswettbewerb (letzter Platz) |
So, wie wir’s uns ja auch im wirklichen Leben wünschen, wo an allen Ecken Nazis hocken oder gewalttätige Lackmeier, tumbe Schläger und üble Flittchen: Über die lachen wir hier, ja, wir lachen, hahaha, wir lachen die Schrecken realer politischer oder gesellschaftlicher Quatschköppe und Gewaltextremisten weg, weil in diesem Film alles nur eitler Tand ist. Und weil wir’s wissen, genießen wir’s.
Harald Mühlbeyer