THE WRESTLER von Darren Aronofsky.
von Christophe Braun
USA 2008, Regie: Darren Aronofsky; Buch: Robert D. Siegel; Kamera: Maryse Alberti; Musik: Clint Mansell; Produktion: Darren Aronofsky, Scott Franklin u.a.
Darsteller: Mickey Rourke (Randy), Marisa Tomei (Cassidy), Evan Rachel Wood (Stephanie), Mark Margolis (Lenny), Todd Barry (Wayne).
Verleih: Kinowelt GmbH
Laufzeit: 111 Minuten
Dt. Kinostart: 26.02.2009
IMDb-Link
Im Grunde genommen ist THE WRESTLER eine recht konventionelle Versagerballade. Sehenswert ist er wegen seiner naturalistischen Schärfe, die kaum ins Voyeuristische abzugleiten scheint. Darren Aronofsky erzählt knapp zwei Stunden lang von Randy „The Ram“ Robinson, einem alternden Wrestler, dessen größte Erfolge gut zwanzig Jahre her sind. Immer noch schleppt sich Randy an Wochenenden in den Ring, immer noch besiegt er seine Feinde mit dem „Ram Jam“, einem Sprung vom Leinenpfosten. Nach den Kämpfen fährt er nach hause in den Trailerpark; und wenn er die Miete nicht pünktlich zahlen kann, muss er im Heck seines Vans schlafen. Bis er nach einem Kampf, in dessen Verlauf er sich in Maschendraht und Glassplittern wälzt und mit Tackernadeln beschossen wird, einen Herzanfall erleidet. Er beschließt, das Wrestling an den Nagel zu hängen und versucht, den seit Jahren abgebrochenen Kontakt zu seiner Tochter wieder aufzunehmen. Da wird er zu einem letzten großen Kampf aufgefordert …
Die paar Wendungen, die der Film sich leistet, sind vorhersehbar, dennoch ist die Geschichte packend, was in erster Linie an den hervorragend besetzten Darstellern liegt. Rourke (weniger), Evan Rachel Wood und Marisa Tomei bemühen sich, die Geschichte nicht ins Pathetische abrutschen zu lassen. Aronofsky zeigt Randys Welt mit all ihren Hässlichkeiten, die von der Kamera Maryse Albertis in grobkörnigen Bildern festgehalten werden. Aber die größte Hässlichkeit ist natürlich Randy selbst. Der Film bezieht einen Großteil seiner Anziehungskraft aus der Faszination des Hässlichen, Deformierten, der geschundenen, blutenden Körper. Insofern ähnelt er Mel Gibsons THE PASSION OF CHRIST; beides sind Körper- und Fleischfilme, sie riechen nach Schweiß und Blut und inszenieren die körperliche Dekonstruktion ihres Helden. Auch THE WRESTLER erzählt eine Passionsgeschichte.
Dennoch: Darren Aronofskys THE WRESTLER ist ein Monster von Film. Wenn Mickey Rourke seinen zerstörten und irgendwie wieder zusammengeflickten Körper in den Ring schleppt, wo er sich in Randy „The Ram“ Robinson verwandelt, dann steht zugleich Rourke selbst im Ring. Und die naturalistische Darstellungsweise hat eben doch etwas Voyeuristisches: Alle Beteiligten wurden nicht müde, die Parallelen zwischen Randy und Rourke zu betonen, und die meisten Kritiker stimmten ein: „Witness the ressurection of Mickey Rourke“, schrieb die Newsweek. Der Satz strahlt inzwischen von den meisten Postern. Die Botschaft, die er kommunizieren will, ist eindeutig: Schaut Euch Rourke an, einst einer der gefeierten Engel Hollywoods, in den Neunzigern abgestürzt mit einer erfolglosen Karriere als Profiboxer – jetzt ist er heimgekehrt, der verlorene Sohn Mickey; und aller Schmerz, alle Wut, alles Versagen bündelt sich in dieser einen Figur, in Randy „The Ram“. Diese Botschaft wird von Seiten der Filmschaffenden wie von den Kritikern so gründlich hoch- und runtergebetet, dass es schier unmöglich ist, den Film objektiv, ohne Rücksicht auf den Werdegang seines Hauptdarstellers, zu betrachten. Und das ist das Problem: Der WRESTLER, der Golden Globes gewonnen hat und für den Oscar nominiert war, ist womöglich ein bizarres Zwitterwesen aus Film und Realität. Es wird ein paar Jahre brauchen, ehe man ihn, unvoreingenommen von der Ikonographie Rourkes, sehen kann.
THE WRESTLER ist ein Hybrid zwischen Film und Wirklichkeit. Er bezieht seine Faszination aus dem schonungslosen Realismus, mit dem er seinen Hauptdarsteller in Szene setzt – ein Film, der gleichermaßen Anleihen macht bei MILLION DOLLAR BABY und FRANKENSTEIN.
von Christophe Braun
USA 2008, Regie: Darren Aronofsky; Buch: Robert D. Siegel; Kamera: Maryse Alberti; Musik: Clint Mansell; Produktion: Darren Aronofsky, Scott Franklin u.a.
Darsteller: Mickey Rourke (Randy), Marisa Tomei (Cassidy), Evan Rachel Wood (Stephanie), Mark Margolis (Lenny), Todd Barry (Wayne).
Verleih: Kinowelt GmbH
Laufzeit: 111 Minuten
Dt. Kinostart: 26.02.2009
IMDb-Link
Im Grunde genommen ist THE WRESTLER eine recht konventionelle Versagerballade. Sehenswert ist er wegen seiner naturalistischen Schärfe, die kaum ins Voyeuristische abzugleiten scheint. Darren Aronofsky erzählt knapp zwei Stunden lang von Randy „The Ram“ Robinson, einem alternden Wrestler, dessen größte Erfolge gut zwanzig Jahre her sind. Immer noch schleppt sich Randy an Wochenenden in den Ring, immer noch besiegt er seine Feinde mit dem „Ram Jam“, einem Sprung vom Leinenpfosten. Nach den Kämpfen fährt er nach hause in den Trailerpark; und wenn er die Miete nicht pünktlich zahlen kann, muss er im Heck seines Vans schlafen. Bis er nach einem Kampf, in dessen Verlauf er sich in Maschendraht und Glassplittern wälzt und mit Tackernadeln beschossen wird, einen Herzanfall erleidet. Er beschließt, das Wrestling an den Nagel zu hängen und versucht, den seit Jahren abgebrochenen Kontakt zu seiner Tochter wieder aufzunehmen. Da wird er zu einem letzten großen Kampf aufgefordert …
Die paar Wendungen, die der Film sich leistet, sind vorhersehbar, dennoch ist die Geschichte packend, was in erster Linie an den hervorragend besetzten Darstellern liegt. Rourke (weniger), Evan Rachel Wood und Marisa Tomei bemühen sich, die Geschichte nicht ins Pathetische abrutschen zu lassen. Aronofsky zeigt Randys Welt mit all ihren Hässlichkeiten, die von der Kamera Maryse Albertis in grobkörnigen Bildern festgehalten werden. Aber die größte Hässlichkeit ist natürlich Randy selbst. Der Film bezieht einen Großteil seiner Anziehungskraft aus der Faszination des Hässlichen, Deformierten, der geschundenen, blutenden Körper. Insofern ähnelt er Mel Gibsons THE PASSION OF CHRIST; beides sind Körper- und Fleischfilme, sie riechen nach Schweiß und Blut und inszenieren die körperliche Dekonstruktion ihres Helden. Auch THE WRESTLER erzählt eine Passionsgeschichte.
Dennoch: Darren Aronofskys THE WRESTLER ist ein Monster von Film. Wenn Mickey Rourke seinen zerstörten und irgendwie wieder zusammengeflickten Körper in den Ring schleppt, wo er sich in Randy „The Ram“ Robinson verwandelt, dann steht zugleich Rourke selbst im Ring. Und die naturalistische Darstellungsweise hat eben doch etwas Voyeuristisches: Alle Beteiligten wurden nicht müde, die Parallelen zwischen Randy und Rourke zu betonen, und die meisten Kritiker stimmten ein: „Witness the ressurection of Mickey Rourke“, schrieb die Newsweek. Der Satz strahlt inzwischen von den meisten Postern. Die Botschaft, die er kommunizieren will, ist eindeutig: Schaut Euch Rourke an, einst einer der gefeierten Engel Hollywoods, in den Neunzigern abgestürzt mit einer erfolglosen Karriere als Profiboxer – jetzt ist er heimgekehrt, der verlorene Sohn Mickey; und aller Schmerz, alle Wut, alles Versagen bündelt sich in dieser einen Figur, in Randy „The Ram“. Diese Botschaft wird von Seiten der Filmschaffenden wie von den Kritikern so gründlich hoch- und runtergebetet, dass es schier unmöglich ist, den Film objektiv, ohne Rücksicht auf den Werdegang seines Hauptdarstellers, zu betrachten. Und das ist das Problem: Der WRESTLER, der Golden Globes gewonnen hat und für den Oscar nominiert war, ist womöglich ein bizarres Zwitterwesen aus Film und Realität. Es wird ein paar Jahre brauchen, ehe man ihn, unvoreingenommen von der Ikonographie Rourkes, sehen kann.
THE WRESTLER ist ein Hybrid zwischen Film und Wirklichkeit. Er bezieht seine Faszination aus dem schonungslosen Realismus, mit dem er seinen Hauptdarsteller in Szene setzt – ein Film, der gleichermaßen Anleihen macht bei MILLION DOLLAR BABY und FRANKENSTEIN.