Sushi und Spiele - Nippon Connection 2009

Zum 9. Mal lockte das Nippon Connection Filmfestival nach Frankfurt

von Dennis Vetter

Es ist wieder einmal Frühling geworden – Zeit, den alten, verrosteten Grill endlich wieder vor die Tür zu schleppen und sich auf der nächstbesten Wiese ein ungesundes, aber dafür besonders wohlschmeckend geräuchertes Mahl zuzubereiten. Dementsprechend sollte man annehmen, ein Filmfestival ausgerechnet jetzt auszurichten, hätte unabhängig von dessen Größe und Attraktivität Zuschauerzahlen im lediglich zweistelligen Bereich zur Folge. Doch weit gefehlt.
Der Festivalfrühling begann zwischen dem 15. und 19. April im Studierendenhaus auf dem Frankfurter Campus wieder mit einem Massenauflauf, denn unzählige Besucher waren bereit, ihren ersten Sonnenbrand noch ein wenig zu verschieben und sich scharenweise in die Kinosäle des japanischen Filmfestivals Nippon Connection zu verkriechen, um so ihren kulturellen Horizont zu erweitern. Die Nippon Connection hat sich seit ihrer Gründung zur Jahrtausendwende einen festen Platz in der internationalen Festivalszene erarbeitet, ist mittlerweile das weltweit größte Festival für japanischen Film überhaupt und lockte dieses Jahr zum mittlerweile neunten Mal wieder rund 16.000 Besucher sowie rund 30 Filmschaffende auf den Frankfurter Campus – und mich als begeisterten Mitarbeiter ins Team von Nippon Connection 2009.

Ausflugstipp: Neues Murnau Filmtheater und Ausstellung in Wiesbaden

von Harald Mühlbeyer

Seit April gibt es in der Rhein-Main-Region ein neues Programmkino: In Wiesbaden hat das Murnau Filmtheater aufgemacht, in der (ganz neu gebauten) Murnau-Straße 6; vom Hauptbahnhof aus in nicht mal 10 Minuten zu Fuß erreichbar, gegenüber vom alten Schlachthof. Betrieben wird es hauptsächlich von der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung, die all die Ufa-Filme bis in die 60er Jahre hinein archiviert hat - also fast das ganze deutsche Filmerbe. Neben stiftungseigenen Filmen (Klassiker wie Ausgegrabenes) zeigt das Kino auch aktuelle Arthouse-Filme, oft in Vorpremieren.

Bis 31. Mai findet dort auch eine Ausstellung "Schätze deutscher Filmgeschichte" statt (mittwochs bis sonntags 12 bis 18 Uhr, Eintritt frei). Dort sind Plakate, Drehbücher, Filmmusikpartituren, Fotos etc. diverser deutscher Filmklassiker zu sehen. Besonders schön: ein Briefwechsel, in dem Veit Harlan (einer der besten, technisch versiertesten, einfühlsamsten, am emotionalsten inszenierenden deutschen Regisseure und Erz-Nazi) wegen des "Jud Süß"-Prozesses Schauspielerkollegen anfleht, ihm eine nicht-nationalsozialistische Gesinnung auszuweisen - und (zurecht) brüsk abgewiesen wird.
Infos und Filmprogramm auf der Homepage der Friedrich Wilhelm Murnau-Stiftung.

To boldly go where no reboot went before... Star Trek, der Elfte


von Andreas Rauscher

Star Trek. USA 2009, Regie: J. J. Abrams, Buch: Roberto Orci, Alex Kurtzman, Kamera: Daniel Mindel, Musik: Michael Giacchino, Produktion: J.J. Abrams, Damon Lindelof, Roberto Orci
Darsteller: Chris Pine (James T. Kirk), Zachary Quinto (Spock), Zoe Saldana (Uhura), Simon Pegg (Scotty), Karl Urban (‚Bones’ McCoy), Leonard Nimoy (Spock), John Cho (Sulu), Anton Yelchin (Pavel Chekov), Eric Bana (Nero)
Verleih: Paramount
Laufzeit: 126 Min.
Kinostart: 7.5.2009

Zwar gehören alternative Zeitverläufe und Paralleluniversen seit über vierzig Jahren zum festen Repertoire des „Star Trek“-Universums, doch mit dem elften Kinofilm wurde das neben den „James Bond“-Filmen langlebigste Franchise der Filmgeschichte von einer Raum-Zeit-Anomalie erfasst, der es immer wieder erfolgreich entgangen war. Nach der vorzeitigen Absetzung der TV-Serie „Enterprise“ und dem kommerziellen Misserfolg des letzten Films „Nemesis“ wurde auch „Star Trek“ vom Reboot-Hype erfasst. Diese Alternative zum gewöhnlichen Remake bewährte sich im Fall von Christopher Nolans „Batman Begins“ und Martin Campbells „Casino Royale“ als attraktives Modell zur Komplettsanierung brachliegender Kinoserien. Doch im Unterschied zur permanenten Gegenwart von Batman und 007 zeichnete sich „Star Trek“ gerade dadurch aus, dass die Schauspieler mit ihren Rollen alterten und anschließend von neuen Charakteren abgelöst wurden.

Die Aussicht, mit neuer Besetzung die frühen Abenteuer von Kirk, Spock und Co gezeigt zu bekommen, klang daher anfangs alles andere als faszinierend. Doch glücklicherweise wurde mit J.J. Abrams („Lost“, „Alias“) einer der innovativsten TV-Produzenten verpflichtet, der darüber hinaus mit „Missionhttp://www.blogger.com/post-edit.g?blogID=2562212114395784264&postID=7905861896530429615# Impossible 3“ (USA 2006) ein überzeugendes Regiedebüt abgeliefert hatte. Um den logischen Anschluss an die vorangegangenen siebenhundert Stunden „Star Trek“ zu sichern, absolviert sogar Leonard Nimoy fünfundvierzig Jahre nach seinem ersten Auftritt als Mr. Spock im Film ein fulminantes Comeback und verteidigt erfolgreich seinen Ausnahmestatus als neben den Rolling Stones ausdauerndste aktive Pop-Ikone im Rentenalter.

Denn auf Grund der langjährigen Erfahrung mit Zeitreisen und Dimensionssprüngen bringt es „Star Trek“ tatsächlich fertig, in einem Präzedenzfall des seriellen Erzählens die gewöhnlich einander ausschließenden Formate Sequel und Reboot zu verschmelzen. Nimoy verfolgt als Original-Spock einen rachsüchtigen Romulaner, gespielt vom schauspielerisch etwas unterforderten Eric Bana, durch Raum und Zeit, um der erstaunlich gut ausgewählten Neubesetzung als eine Art offizielles Gütesiegel ihre Authentizität zu bestätigen. Praktischerweise entsteht zugleich eine alternative Zeitlinie, die genügend Spielraum für weitere Abenteuer mit der neuen alten Crew lässt, ohne dass sie sich an die alten TV-Folgen halten müsste.

Abgesehen von Nimoys charmantem Gastauftritt gelingt das riskante Reboot-Unternehmen vor allem durch die überzeugende Besetzung. Zachary Quinto als Spock, der britische Komiker und Autor Simon Pegg („Shaun of the Dead“, „Hot Fuzz“) als Scotty, Karl Urban als McCoy und Zoe Saldana als Uhura eignen sich auf einfallsreiche Weise ihre Figuren an. Sie integrieren in ihr Spiel markante Gesten der bekannten Vorgänger und finden dennoch hervorstechende individuelle Ansätze. Chris Pine erscheint als Kirk emotionaler und ambivalenter als Shatner. John Cho und Anton Yelchin setzen als Sulu und Chekov hingegen die Rollen des wendigen und des skurrilen Steuermanns auf bewährte Weise fort.

Die hervorstechendste kreative Leistung gelingt jedoch Abrams selbst, der bereits in „M:I 3“ ein eindrucksvolles Gespür für Rhythmus und Bildkomposition bewiesen hat, und sich mit „Star Trek“ als einer der interessantesten gegenwärtigen Action-Regisseure etablieren könnte. Er verbindet auf elegante Weise ein mitreißendes Erzähltempo mit epischen Ansätzen. Die innovativen Einfälle seiner Inszenierung wie ein schwindelerregender Schlagabtausch auf einer in die Atmosphäre des Planeten Vulkan stürzenden Sonde ergeben sich aus der überlegten Variation bekannter Muster und nicht aus manieristischen Überakzentuierungen im Schnitt oder der Kameraführung.

Dramaturgisch verlassen sich die Autoren auf die in ihren TV-Serien bewährte Strategie, vertrauten Standardsituationen durch Intensivierung und durch zeitliche Sprünge in der Erzählung neue Aspekte abzugewinnen. Die Exposition des Films widmet sich in epischen Bildern der Jugend von Kirk und Spock im Zeitraffer. Die Emotionalität der Eröffnungssequenzen ermöglicht auch Zuschauern, die nicht mit der Entwicklung der „Star Trek“-Serien vertraut sind, einen unmittelbaren Einstieg in den Plot. Wenn der Film nicht auf ein möglichst großes Publikum ausgerichtet wäre, hätte der in einen Begleitcomic verbannte „Next Generation“-Prolog allerdings einen mindestens genau so reizvollen Anfang ergeben.

Aber angesichts der rasanten und bildgewaltigen Umsetzung stören derartige Details nicht weiter. Der visuelle Einfallsreichtum des Films lässt auch schnell vergessen, dass man als halbwegs mit der „Original Series“ vertrauter Zuschauer bei den ersten Missionen der Enterprise in erster Linie Pappmaché-Kulissen, zu Tricordern umgebaute Salzstreuer, Klingonen mit Faschingsschminke und einen in Sachen Overacting unschlagbaren William Shatner erwarten würde. Wenn dieser nicht doch noch durch einen spektakulären Coup die Brücke der Enterprise für sich zurückerobern sollte, steht „Star Trek“ eine vielversprechende Zukunft in der eigenen Vergangenheit bevor. Bleibt nur zu hoffen, dass der von Abrams gebrochene Fluch der ungeraden „Star Trek“-Filme, die ja bekanntlich immer die schlechten sind, sich nicht für die nächsten zehn Filme auf die geraden Zahlen übertragen hat.


Lesen Sie auch unsere DVD-Kritik zu J.J. Abrams "Star Trek"-Film!

Terminator S.C.C.: The Sarah Connor Chronicles – Staffel 1 (Blu-ray)

von Bernd Perplies

Es war im Grunde ein kleines Action-Movie um einen Killer-Roboter in der Menschengestalt Arnold Schwarzeneggers, der aus der Zukunft gekommen war, um eine Frau namens Sarah Connor umzubringen, weil ihr ungeborener Sohn später zum Anführer der Menschheit im Krieg gegen die Maschinen werden sollte. So begann die Erfolgsgeschichte von James Camerons „Terminator“, die mittlerweile zwei weitere Kinofilme, Computerspiele, Comics und vielerlei mehr hervorgebracht hat. Und während im Kino mit „Terminator: Die Erlösung“ der nächste Blockbuster ins Haus steht, ist jetzt eine TV-Serie auf Blu-ray erschienen, die vom Überlebenskampf Sarah Connors und ihres Sohns John erzählt: Bernd Perplies hat sich „Terminator S.C.C. - The Sarah Connor Chronicles“ auf Blu-Ray angesehen.

3 x DOLCE VITA

Kleines Update zu "unserem" (Mainzer) Doku-Kurzfilm DOLCE VITA aus der "Nachtschwärmer"-Produktion:

"Dolce Vita" erfreut sich mittlerweile einer gewissen Festivalpräsenz - im Mai wird er auf drei Festivals laufen:

Vom 6. bis 10. Mai im Wettbewerb des 16. Augsburger Kurzfilmwochenendes sowie vom 13. bis 17. Mai im Kurzfilmwettbewerb des 6. Neiße Filmfestivals.

Am 19. Mai und 20. Mai wird das etwas andere Porträt eines Swingerclubs dann im Rahmen des Internationalen Wettbewerbs bei den Vienna Independent Shorts, dem größten internationalen Kurzfilmfestival in Österreich, präsentiert.

Wann DOLCE VITA auch mal wieder in der REGION SCREENSHOT zu sehen sein wird? Wir lassen Sie's wissen...

„Ist es kausal oder akausal?“ - Interview mit Christoph Schlingensief

Der gerne als enfant terrible titulierte Film-, Theater- und Performancekünstler Christoph Schlingensief war in diesem Jahr Mitglied der Berlinale-Jury. Nach seiner Krebserkrankung sieht er blass und schmal aus, doch durch ein neues Medikament haben sich die Metastasen zurückgebildet. Nur die unregelmäßige Nahrungsaufnahme während des Festivals schlaucht ihn. Harald Mühlbeyer sprach während der Berlinale mit Christoph Schlingensief.

Christoph-Schlingensief-Edition

Durch Blödsinn in der Schwebe gehalten: Herbert Achternbuschs groteske Mehrdeutigkeit

von Harald Mühlbeyer

Immerhin hat sich Herbert Achternbusch blicken lassen, auf dem Münchner Filmfest 2008, wo ihm die Retrospektive gewidmet war; er ließ sogar eine Podiumsdiskussion über sich ergehen. An deren Beginn (mit viertelstündiger Verspätung) er gleich erklärte, den ganzen Weg vom Marienplatz her habe er so viel mit Festivalleiter Andreas Ströhl geredet, dass sein Kopf jetzt ganz leer sei. Was sich deutlich zeigte in der offensichtlichen Unlust, sich öffentlich befragen zu lassen. So musste sich Ströhl sichtlich abrackern und immer neue Fragen aus den Fingern saugen, die dann doch kaum beantwortet wurden. Nachdem Achternbusch auch Fragen nach eventuellen DVD-Releases seiner Filme etwas wirr und widersprüchlich beantwortete, begaben sich Moderator und Publikum auf sicheres Gebiet, nämlich Fragen nach anderen Filmen. Was sich als einigermaßen ergiebig herausstellte, da Achternbusch sich so ziemlich alles ansieht, was aktuell im Kino kommt; und selbstverständlich (fast) alles für Mist erachtet.

Inzwischen sind nun tatsächlich fünf seiner Filme auf DVD erschienen; und als Bonus ist auch die Münchner Podiumsdiskussion enthalten, freilich auf 40 Minuten zusammengeschnitten, was die Mühseligkeit des Unterfangens, Achternbusch befragen zu wollen, einigermaßen abschwächt. Wobei Achternbuschs Einsilbigkeit recht vielsagend ist. Sie unterstreicht, wie er sich in einen Außenseiterstatus hineinarbeitet, sich als Außenstehender des Film- und Kunstbetriebes sieht, der nur für sich selbst werkelt, ganz autark; für Kontakt mit seinem Publikum ist da kein Platz. Seine Verweigerungshaltung ist daher durchaus konsequent, Teil seines Künstlerdaseins. Lesen Sie hier weiter!