Das 30. Filmfestival Max Ophüls Preis (26.01.-01.02.2009) in Saarbrücken (Teil 2)



III.

Den Gewinner des Max Ophüls Preises 2009, UNIVERSALOVE (2008), hatten die wenigsten als Kandidaten auf der Liste. Achselzucken bis Kopfschütteln herrschte nach der Preisvergabe. Aber Thomas Woschitz und die Band Naked Lunch haben einen Film geschaffen, der sicher nicht alle oder gänzlich überzeugen mochte, der aber seine Qualitäten hat, die durchaus preiswürdig sind. Es wäre arg verkürzt, UNIVERSALOVE als einen überlangen Videoclip zu bezeichnen; im Grunde ist er das aber, jedenfalls einer, der einen Iñárritu-Film in sich birgt. Handkamerageführte Bilder zeigen parallele Geschichten aus aller Welt zu dem breiten – na ja, beliebigen – Thema Liebe; u.a. das Liebesleid von zwei Schwulen in Luxemburg; die Liebe einer Frau in Marseille zu einem Mann in Gefahr; ein Japaner, der eine Frau aus der Ferne begehrt, vor allem aber (und überaus stark): eine arme Brasilianerin, die nach einen Autounfall mit dem Star einer Telenovela zusammenkommt, die wiederum überall in der Welt auf den Fernsehern aller Geschichten flimmert. All diese Geschichten, geschweige denn dem Thema, wird vollends auf den Grund gegangen, aber das will der Film auch nicht, der auch vor Pathos und Gebrauchtem nicht scheut (bis dahin, dass zuletzt gar die Zeit stehen bleibt) zugunsten eins fremden, aber gar nicht kalten Blicks von Oben und zugleich ganz Nahe.



Stattdessen unterliegt, nein, ist der Film überdeckt von den Songs von Naked Lunch – was irgendwann auch mal gut ist – und kommt in seinem filmischen Erzählen mit einem Minimum an Dialogen aus. Nicht alle Geschichten versteht man so, manchmal gibt auch nur bedingt eine Geschichte zu verstehen, und in diesen Teppich, der durchaus etwas Erhabenes hat, sind kleine visuell-rhythmische Schmankerl und gestalterische Beachtlichkeiten gewoben wie das Vorwärts/Rückwärts der Homosexuellen-„Episode“: Die sich rückwärts bewegenden Darsteller und Autos werden vorwärts abgespielt (man kennt diesen irritierenden Kunstgriff von David Lynchs „Twin Peaks“-Zwerg), was hier eine ganz neue, durchaus originelle Sinnebene erschließt und mehr „erzählt“ oder enthüllt als es Worte könnten.

Zu den Nachwuchsdarstellerpreisen:

Irina Potapenko, geb. 1986 und zehn Jahre später mit ihrer Mutter von der Krim nach Deutschland gekommen, war bereits in Birgit Grosskopfs PRINZESSIN von 2006 sowie bei dessen Präsentation in Saarbrücken im selben Jahr hinsichtlich Spiels und Erscheinung aufgefallen. Aus dem damals noch kleineren, attraktiven Teenager ist nun eine schöne Frau mit dunklen, ruhigen bis traurigen Augen geworden, die nach der Vorführung von Götz Spielmanns REVANCHE (2008) eine seltene Anmut präsentierte. Seltener hat man eine Darstellerin einfach nur so herrlich dastehen sehen – zweifellos Ausdruck ihrer Theatererfahrung.



In REVANCHE (2008), dem aktuellen, selten guten Oscar-Kandidaten Österreichs, spielt Potapenko eine Prostituierte, die mit der rechten Hand des Bordellkönigs eine neues Leben wagen will und, nach langem Vorlauf, die „richtige“ Handlung um Schuld und Rache erst in Gang setzt. Ein wenig erinnert REVANCHE an NO COUNTRY FOR OLD MAN, einfach was den ruhigen Duktus und das Erzählen wider die (v.a. Genre-)Konventionen betrifft –, und das einzig große Manko des Films ist, dass Potapenko einem so früh verloren geht. Unaufgeregt spielt sie die Prostituierte mit kleinen Gesten und großer Dichte, geht in dem Milieu aus Sex, Gier und Banalität auf, nicht jedoch unter, und schafft den seltenen Spagat zwischen der kaputten, abgestumpften Nutte, willenstarken „Geschäftsfrau“ aus (und in) der Fremde und dem leichten Mädchen mit dem goldenen Herzen, ohne auch nur einem dieser Standard-Typen als solchem nahe kommen zu müssen. Recht explizit geraten manche ihrer Auftritte, ist sie splitternackt beim Liebesspiel unter der Dusche zu sehen.



Wenn man nach der Vorstellung Potapenko im Gang des Camera-Kinos dank Saalverlegung ohne Mikro über ihre Rolle reden hörte und sie als leise, fast schüchterne und „konzentrierte“ Person erlebte, schätzt man ihren Auftritt auf der Leinwand noch höher ein. Entsprechend war es ein echter Glückfall, die einzige als „Saarbrücker Premiere“ laufende REVANCHE-Vorführung zu erwischen (gerade weil der Film bereits auf dem Siegeszug war und ist).




Auf Herrenseite wurde nach Ludwig Trepte (2006) nun mit Sergey Moya das zweite KELLER(2004/2005)-Kind verspätet ausgezeichnet. Wobei der Film, in dem Moya dieses Jahr im Langfilmwettbewerb zu sehen war, KRONOS. ENDE UND ANFANG, niemanden so recht vom Hocker zu reißen verstand, freilich so manchen Besucher bei der Vorführung aus dem nachmittäglichen Saal spazieren ließ. Olav F. Wehling (FUTSCHICATO) inszeniert eine Familie, die mit dem Auto strandet und sich ergeht hernach im schwerst-mythischen Treiben. Das ist mit grandiosen Bildern in der Ödnis Marokkos mit feinen Darstellern wie Moya als Kronos oder Klaus Grünberg als Uranos inszeniert, jedoch insgesamt harter, gänzlicher spaßfeindlicher, zumindest aber unterironisierter Stoff, in dessen Gewichtigkeit man sich schon suhlen wollen muss. Der Punkt im Titel dürfte dahingehend beredt genug sein.

Auch in Marokko gedreht und ebenfalls mit dem / fürs ZDF (bei KRONOS Theaterkanal, hier Das kleine Fersehspiel) produziert ist Irene von Albertis TANGERINE (2009). Zwei Frauen stehen im Mittelpunkt: Amira (erotisch-drall: Sabrina Ouazani) kommt, weil zu unzüchtig für die Familie (und ihre Männer) in der WG diverser Damen unter, die arm, aber lebensfroh, freilich auch abgeklärt ihr Geld vor allem mit Prostitution verdienen. Pia wiederum (in edler Blässe: Nora von Waldstätten) ist deutsche, die mit Musikern, darunter ihr Freund-in-Beziehungspause Tom (Alexander Scheer) durch Algerien fährt, weil die Männer die marokkanische Musik sammeln wollen.
Wie sich nun Amira an Tom ran macht, um zu einem besseren Leben zu kommen sowie ihr Verhältnis zu Pia, das ist ordentlich inszeniert und in ein Gesellschaftsporträt hinein gezeichnet, dass von der schwierigen Lage der Frauen Nordafrikas kündet. Probleme mit der Anerkennung unehelicher Kinder, die Anfeindungen der Männer, der große Traum vom Showbizz in Casablanca und das alltägliche Leid – in all diesem Unbill werden Amira und ihre Freunde als selbstbestimmte, energische und in ihrem bitteren Witz angenehm unoperhaft gezeigt, bisweilen in ihrer Kampf um Geld und Zukunft gar mit wenig Skrupeln. Gleichwohl oder gerade deshalb, weil es ihm eher um das Sozialgemälde ging, krankt der Film an seiner Dramaturgie, die dahinplätschert. Vor allem der „große“ Konflikt zwischen Pia und Amira, an dem der Film sich weitgehend als Rückblende aufzieht, bleibt Behauptung – vor allem, weil die Figur des Tom zu sehr als reiner Kasper daherkommt, um mit und über ihn irgendwas ernst zu nehmen.


IV

Um keinen Kasper, dafür eine schräge Gestalt geht es in GANZ NAH BEI DIR (2008) von der FICKENDE-FISCHE-Regisseurin Almut Gettos. Phillip (Bastian Trost) ist eine Mischung aus Tony Shalhoubs „Monk“, Buster Keaton und Jack Nicholsons Melvin in BESSER GEHT’S NICHT. Die selbst im Schlaf immer akkurate Bettdecke schlägt er morgens im exakten Winkel auf, arbeitet in der Gelddruckerei, wo er Blüten analysiert, hat als einzige (und beste) Freunde seinen Psychiater und eine Schildkröte und träumt höchstens davon, als Pantomime in einer Kellerkleinkunstbühne zu brillieren. Philip vertritt die Meinung „Zuviel Gut ist nicht gut“ – und aus Angst, sich am Leben zu verletzen geht er ihm möglichst aus dem Weg. Bis ihm eines Tages die Wohnung ausgeräumt und die Schildkröte geklaut wird und er auf die blinde Cellistin Lina (Katharina Schüttler) trifft, vor der er seine Verhuschtheit und Sozialinkompetenz so richtig zur Geltung bringen kann (wobei die dabei „entstehenden“ Behindertenwitze des Films nie selbstzweckhaft geraten). Und schließlich gelingt Phillip gar der – sogar kriminelle – Ausbruch aus der Glaskugel seines Alltags.



Das mag alles nicht ganz neu und hin und wieder etwas dick aufgetragen oder wenig hergeleitet sein, aber GANZ NAH BEI DIR ist in Gänze einfach umwerfend im Witz, rundheraus liebenswert und dank der beiden Hauptfiguren, die man sofort mit Haut und Haaren frisst, großes Herzenskino und einfach gut für die Seele. Fast noch abstrakter und artifizieller hätte die Bildgestaltung geraten können, um die Kuriosität seiner Protagonisten zu unterstreichen und die „Märchenhaftigkeit“ seines immer doch ganz diesweltlichen Anliegens zur Geltung zu bringen. Denn die größte Gefahr meistert GANZ NAH BEI DIR bravourös, die Outsider Lina und Phillip geraten zu echten Menschen, sind traurig, lustig, mal kess und grantig, verliebt, böse und alles zusammen und vor allem: aneinander.



„Schuld“ daran sind zweifellos zum großen Teil die beiden Hauptdarsteller: Bastian Trost bringt von SCHLÄFER die lebensechte stille Kümmernis unter der Oberfläche eines Einsamen mit, der sich vor dem Dasein wegduckt – der aber auch in den engen Grenzen durchaus bockig werden kann. Die fantastische Katharina Schüttler (WAHRHEIT ODER PFLICHT) mag man allein schon deswegen von der Stelle wegheiraten, weil wohl niemand so schön am Rand der Unterlippe nagen kann wie sie. Hier kann sie ihr Spiel des Linkischen, Steifen als Blinde perfekt einsetzen, offen und rundheraus den Kopf wackeln und drehen um sich zu orientieren, und ihre leicht näselnde, schleppende Stimme passt nicht nur wunderbar zur sanften Phillips, sondern bringt sie wie ihr ganzes Spiel und Erscheinen in sichere Entfernung zur Komödien-Standard-Version der (über-)lebenslustig-unbekümmerten Frau, die den Einsiedler aus der Höhle lockt.
Wenn denn Philip der Blinden eine Sonnenbrille schenkt, ihr seine Pantomime vorspielt und sie – als sie zum ersten Date zu spät kommt –, lapidar drauf hinweist, sie hätte eben etwas früher losgehen müssen, das mache man so, wenn man irgendwohin gehe, wo man noch nie war – dann geraten diese Momente nicht nur unglaublich witzig und im Spiel der Darsteller tiefgründig, sondern zugleich erstaunlich federleicht. Mit gutem Recht ging an GANZ NAH BEI DIR der Publikumspreis…

… wenn jenen auch ebenso berechtigt SO GLÜCKLICH WAR ICH NOCH NIE von Alexander Adolph hätte bekommen können (er erhielt, immerhin, den Filmmusikpreis). Frank (David Striesow) ist Hochstapler und wird bei einer Gaunerei, kurz nachdem er der fremden Tanja (Nadja Uhl) einen Mantel zu kaufen versuchte, verhaftet. Wieder draußen, kommt er bei seinem sorgenden Bruder Peter (Jörg Schüttauf) unter (dessen Freundin – gespielt von Floriane Daniel – ihn bald wieder loswerden will) und versucht es anständig. Bis er Tanja wiedertrifft, die sich als Prostituierte entpuppt. Weil er nicht anders kann und um sie zu beeindrucken und schließlich freizukaufen, verfällt er wieder auf sein altes „Talent“. Von Adolph mit sicherer Hand inszeniert, ist SO GLÜCKLICH WAR ICH NOCH NIE eine kleine, bestechende Tragikomödie, ernster und realer als GANZ NAH BEI DIR und doch ebenso unangestrengt.
Nadja Uhl hat – mal wieder – eine Paraderolle gefunden (aber sie kann ja sowieso spielen was sie will; man mag ja schon nicht mehr beeindruckt oder zumindest überrascht sein), und auch Devid Striesow überzeugt völlig mit seinem Changieren zwischen Aufrichtigkeit und Vortäuschung wie auch zwischen Schalkhaftigkeit und der ihn stets darin antreibenden Verzweiflung unter der Oberfläche. Sein Tricksen und Betrügen, das Schlüpfen in andere Rollen gerät fast krankhaft, aber der Film will ihm gottlob so nicht auf den Grund gehen: Ein klein Hinweis gibt es am Grab der Mutter, wo Frank und Bruder Peter sich von der Seele lachen, wie die Mama sie als Kinder gezüchtigt hatte. Und so bekommt man auch einen Hinweis auf Peters bisweilen manische Freundlichkeit und seinen Optimismus (auch Schüttauf ist mit seinen leicht wässrigen Augen treffend eingesetzt); die Nutte Tanja treibt ihr Prostituiertenspiel, wenn sie zunächst Frank „wiederkennt“ – kurz, es spielen sie alle Rollen in diesem Film, gaukeln anderen oder sich etwas vor, womit Franks Hochstapelei ein ganz universelle Bedeutung bekommt. Er, der Kriminelle und Kranke ist (und kann es nicht anders sein) in seinen Lügenspielen konsequenter, „echter“, fast aufrichtig wie ein Kind im So-tun-als-ob.
Lustig bis schrecklich witzig ist der Film, aber der Humor geht Hand in Hand mit einer Tragik, die nicht überbordend oder schicksalsschwer gerät und sich zugleich nicht weglachen lassen will. Am Ende darf man ruhig einen Kloß im Hals haben, und dann schließt SO GLÜCKLICH WAR ICH NOCH – wie ABSOLUTE GIGANTEN – im genau richtigen Moment.

RIMINI von Peter Jaitz: Das ist ein etwas schräges, trockenes – eben österreichisches Ding, auf HD gedreht. Um zwei Männer geht’s, deren Wege sich am Schluss kurz kreuzen: Alex (permanent genervt und fatalistisch: Andreas Winter) schmeißt seinen Projektleiterposten hin und streift lebensgeekelt, selbstverloren und bisweilen verhaltensauffällig durch die Stadt ohne mit sich selbst so recht auszukommen. In der Studentin und Kameraassistentin Anna (Sissi Noé) findet er eine Freundin, die er überzeugen will, über ihn einen Dokumentarfilm zu machen. Der Kriminalbeamte Hanis (Robert Reinagl) wiederum, außer Dienst seit er einen Verdächtigen gehauen hat (was prompt bei YouTube landet), ist privat auf der Hatz nach einer jugendlichen „Happy Slapping“-Bande. Die filmt sich dabei, wie sie arglose Passanten attackieren, um dies dann ins Internet zu stellen – und planen, da ist sich Hans (irgendwie, irgendwann) ganz sicher, was ganz Großes. (Auch von Alex und Hans landen den Film über Aufzeichnungen im Netz, eine nette Idee des Verwebens der Geschichten.)
RIMINI erzählt lakonisch bis maulfaul dahin, schert sich nur widerwillig ums Nachvollziehen, gar nicht um irgendwelche seelischen Innenräume und ist darin eine Wonne. Denn was Jainz eigentlich sagen oder worauf er hinaus will, ist nicht so klar. Man weiß nur, dass er ganz recht damit hat. Ein bisschen ein Film wie ein ewig mies gelaunter Freund, den man gerade deshalb so gern hat.

Nicht ganz rund erschien TAUSEND OZEANE von Luki Frieden trotz des wunderbaren Namens des Regisseurs und Drehbuchautors. Max Riemelt spielt Meikel (richtig, wie der englische „Michael“) der sich vom Vater und Autohausbesitzer Ulrich (Thierry van Werveke) missmutig in dessen Fußstapfen drängen lässt. Just als Vizechef der Belegschaft vorgestellt, wird Meikel von seinem besten Freund Björn (Maximilian Simonischek) „entführt“, auf die Malediven, wo sie einen Traumurlaub verbringen. Björn entschließt sich, da zu bleiben, Max fliegt heim, entschlossen, bald wieder den Kumpel zurück zu holen. Doch in der Heimat dreht er langsam am Rad, Mysteriöses passiert – und die recht schnelle Lösung (die der Film und Frieden selbst gar nicht als Pointe oder Plottwist verkaufen) ist, dass Max tatsächlich nach einem Autounfall im Wachkoma liegt. Die Malediven-Insel ist hier das Jenseits.



TAUSEND OZEANE ist fein gefilmt, mit einigen stilistischen Ideen, die originell bis unaufdringlich überzeugen (so die „Unschärfe“ in Meikels Blick oder die konsequente Draufsicht in der Rückerinnerung an die Kinderfreundschaft von Meikel und Björn). Doch der Film, der noch Familien- und schließlich schnell Sterbehilfedrama sein will, verzettelt sich in seinen Umschwüngen, TAUSEND OZEANE ufert aus. Steht am Anfang der – stets passive und daher wenig spannende – Meikel und sein schleichender „Realitätsverlust“, kippt die Perspektive nach der Enthüllung seines Zustandes nach außen – womit auf einmal auch das Surreale seiner Innenwelt überhand nimmt. Bei diesem Auf-den-Zuschauer-hin-Erzählen, dem der Blickwinkel zu folgen hat, gehen einem die Figuren etwas verloren. Auch, die (immerhin sehr filmische) Überdeutlichkeit, mit der erklärt wird, wie manche Realitätsfetzen von Meikels Unterbewusstsein wie inkorporiert werden, trägt nicht dazu bei, den TAUSEND OZEANEN mehr Tiefe zu verleihen. Freilich: Hauptdarsteller Max riemelt sich üblich-gekonnt durch den Film und der leider kurz vor der Premiere verstorbene Thierry van Werveke macht TAUSEND OZEAN sehenswert.

Als bester Kurzfilm wurde in Saarbrücken SCHAUTAG (2009) von Marvin Kren ausgezeichnet. Mit Johannes Allmayer, Eckehard Hoffmann und Anneke Kim Sarnau hochkarätig besetzt und vorzüglich gefilmt, erzählt er souverän und intensiv eine Geschichte, die durchaus für einen Langfilm gereicht hätte, so aber in 20 Minuten zugleich mustergültig ausgespielt wird.



Drei Handlungsfäden werden da versponnen: drei Jungs und ihre gefährliche Mutprobe, ein Autoverkäufer, der von Frau und Kind gedrängt wird, jemanden zu besuchen und ein älterer Herr, der sich im Keller ein altes Video anschaut. Alle Stränge kommen zu ihrem Recht, werden schließlich zusammengeführt (und zugleich doch nicht) und machen SCHAUTAG zum Shyamalan’schen Drama auf höchstem Niveau.

Den Kurzfilmpreis gewinnen hätte auch der Kurzfilm EDGAR (2009) dürfen, der neben SCHAUTAG vor allem in der Abgerundetheit an der Spitze der Kleinode lag, die vor den Langbeiträgen geboten wurden. Titelgebender Edgar ist Rentner, der sich unnütz fühlt, in einem Kaufhaus um Arbeit nachfragt und unfreiwillig zum Dieb wird, was im letztlich zugute kommt… Mit zwölf Minuten knapp halb so lang wie SCHAUTAG und weniger „groß“ in seiner kleinen, feinen Story-Idee bietet EDGAR dagegen in amüsanter und sympathischer „Verpackung“ ein ernstes Thema, dem hier so gerecht wird, wie es nur geht. Produziert haben EDGAR Tidi von Tiedemann und Dirk Wellbrock von Kontrastfilm in Mainz, geschrieben und inszeniert wurde er vom Schauspieler Fabian Bush. „Trotzdem“ (sprich bei allem Lokalpatriotismus und angesichts der – oft bestätigten – Vorurteilen gegenüber den Filmemacherfertigkeiten von Schauspielern) besticht der Film durch seine gewitzte Geschichte, die Inszenierung und natürlich Buschs Darstellerkollegen wie Wilfried Dziallas, Julia Brendler und Charly Hübner.



Auch wenn die Abschlussparty diesmal nicht in der dafür zu engen „Garage“, sondern im Congress Center (nach der dortigen Preisverleihung) mit dem Kuschligkeitsfaktor einer Waschstraße stattfand, war und bleibt das 30. Filmfestival Max Ophüls Preis ein alles in allem runder Geburtstag mit Ecken. Einer, von dem man – wie nach jeder zünftigen Feier – mit dickem Kopf und Bauch heimkommt. Und sich aufs nächste Mal freut.




Die Preisträger des Filmfestivals Max Ophüls Preis 2009 in der Übersicht

Max Ophüls Preis: UNIVERSALOVE (R: Thomas Woschitz)

Filmpreis des saarländischen Ministerpräsidenten: EIN AUGENBLICK FREIHEIT (R: Arash T. Riahi)

Darstellerpreis: SERGEJ MOYA

Darstellerinnenpreis: IRINA POTAPENKO

Kurzfilmpreis: SCHAUTAG (R: Marvin Kren)

Preis für den Mittellangen Film: TORPEDO (R: Helene Hegemann)

Dokumentarfilmpreis: ALIAS (R: Jens Junker)

Interfilmpreis: EIN AUGENBLICK FREIHEIT (R: Arash T. Riahi)

Preis der Schülerjury: KLEINER SONNTAG (R: Philip Ramspeck)

Publikumspreis: GANZ NAH BEI DIR (R: Almut Getto)

Filmmusikpreis: SO GLÜCKLICH WAR ICH NOCH NIE (R: Alexander Adolph)

Förderpreis der DEFA-Stiftung: EIN TEIL VON MIR (R: Christoph Röhl)

SR/ ZDF-Drehbuchpreis: DER ARCHITEKT (R: Ina Weisse)



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