FILMZ 09: 13 SEMESTER als gelungener Auftakt
Ja, so ist Screenshot zu seinen Lesern: Nachts um drei nach Haus kommen und noch brandaktuell etwas zu Mainz‘ wichtigstem Kulturevent verfassen, dem FILMZ Festival des deutschen Films 2009. Das Fest eröffnete Frieder Wittichs 13 SEMESTESTER, den unser Redakteur Harald Mühlbeyer bereits HIER besprochen hat. Und seinem Lob ist auch kaum etwas hinzuzufügen. Trotzdem:
Flott und mit den nötigen Ecken und Kanten handelt der Film von „Momo“ / Moritz (Max Riemelt), der aus der Kleinstadt in das wilde Studentenleben der – haha – Metropole Darmstadt zieht, um dort als Student das Leben kennenzulernen. Der Film ist witzig, unheimlich temporeich, aber keine Klamotte. Tatsächlich wird in 13. Semestern = Kapiteln die Coming-of-Age-Geschichte Momos erzählt, die gerade in ihrem großen Zeitbogen viel Weisheit enthält.
Anfänglich beste Freunde gehen einem verloren, die große Liebe wird gefunden und schließlich der eigene Lebensweg in Frage gestellt. 13 SEMESTER bietet Standardfiguren, füllt sie aber liebevoll mit soviel eigenständigem Leben (auch über die wohl gewählten Darsteller), dass man hier erkennt, wie sie erst zu eben jenen Standardfiguren werden (können).
Momos Liebesgeschichte ist nicht alles beherrschend, das Partyfeiern nur ein Teil des Studentenlebens: Wittich und seine Crew bescheren dem Film, der trotz bekannter Situationen vielleicht zum allerersten Mal mit leichter Hand und bisweilen surreal anmutendem Humor (der Mönch!) die Vielfalt des Studentenlebens miterleben lässt, ohne sich auf einen Aspekt zu versteifen und dafür in seltener Breite alles mit allem zu verknüpfen und aneinander zu relativieren. 13 SEMESTER präsentiert diesen Flow zwischen Jugend und Erwachsensein, dem Weg des Sich-Selbstfindens, in dem jeder Moment und jedes Problem in seiner Zeit das Wichtigste ist, zugleich aber – eben über den breiten Zeitrahmen – seine wahr Bedeutung für das gesamte Leben gemessen wird. 13 SEMESTER ist bei allem Schwung und verblüffend kurzgehaltenen Gags, die nie selbstzweckhaft ausgestellt werden, ein großartiges Porträt eines bestimmten Lebensabschnittes. Einem der durchaus schwerelosen Bittersüße, der junge Menschen prägt und später als Referenzpunkt für gesamte Leben herhalten kann und vielfach muss.
Dass und wie sich der Film auf diese Weise selbst verortet, zeigt der sympathische (Kurz-vor-) Schluss. Die Liebesbeziehung bleibt nach Höhen und vor allen Tiefen ungeklärt und damit über die Studienzeit erhalten, Freunde und Bekannte, die man aus den Augen verloren haben, erscheinen einfach so wieder, und letztlich liegt es doch an einem selbst, was man aus alldem macht. 13 SEMESTER verschränkt auf geradezu weise, wirklichkeitsgetreue und vor allem vielfältige Art die Lebensphasen, denn sowenig wie man mit dem Studium (oder sonst einem Lebenswegabschnitt) das alte Ich hinter sich lässt, ist man mit dessen Ende ein gänzlich neuer Mensch.
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Mit diesem Film ist dem FILM ein großer Auftakt für die kommenden 6 Tage gelungen. Auch von der Organisation her schien die Premiere besser zu klappen: keine halbe Stunde musste im Treppenhaus des Residenz Kinos gewartete werden; auch der Vorfilm, EDGAR von Fabian Busch, war von besondere Qualität. Dass die anschließende Feier im Lomo fünf Gehminuten weiter nicht ganz so zündend war wie letztes Jahr – was soll’s; vielleicht lag’s am Spaß des Auftaktfilms, der antiproportional zur Feierlaune danach stehen mag. Eine empirische Untersuchung dahingehend wäre spannend.
Voll war es – am Anfang zumindest – trotzdem. Dass freilich Claudia Eisner, die in 13 SEMESTER Momos große, bestechende Liebe mit Hang zur quirligen Lebendigkeit gab, angesichts der Partykellergefülltheit gleich das Weite suchte und „Momo“ Max Riemelt sich ab und zu kurz die Ehre gab, gibt Abzüge in der B-Note von 13 SEMESTER.
Was nichts gegen das voll erwachsene FILMZ Festival aussagt – und eigentlich nur beweist, dass Screenshot im Zweifelsfall doch alles sieht.
Bernd Zywietz