exground filmfest 09 – Der Mann, der in den Himmel zog: MOON
Science Fiction und David Bowie, bereits diese bloße Aufzählung weckt einige Assoziationen. Schließlich hinterließ die Pop-Ikone mit der eindruckvollen Verkörperung eines neurotischen Außerirdischen in THE MAN WHO FELL TO EARTH (1976) eine sehr markante Spur im Genre. David Bowies Sohn, Duncan Jones, nimmt nun, knapp 30 Jahre später, gleich selbst im Regiestuhl Platz, um still und heimlich das Erbe seines Herrn Vaters anzutreten. Entstanden ist der wunderbare Film MOON, der den Eindruck erweckt, Science Fiction läge der Familie Bowie irgendwie im Blut.
MOON spielt in einer undefinierten Zukunft. Die Ressourcen der Erde reichen für die Versorgung der Weltbevölkerung nicht länger aus, doch endlich wurde eine Lösung gefunden: Helium-3, das aus Mondgestein gewonnen wird. Sam Bell, der Protagonist des Films, bewohnt seit knapp drei Jahren eine Station zum Abbau des Stoffes. In der endlosen Mondlandschaft folgt er als einziges Lebewesen tagtäglich den immer gleichen Routinen, Kommunikation mit der Erde ist wegen einer Satellitenstörung nur verzögert möglich. Sein einziger Begleiter (wer hätte es erwartet): ein gesprächiger Roboter – von Jones sehr treffend vertont mit der charismatischen Stimme Kevin Spaceys. Bald wird Sam Bells Vertrag auslaufen, dann kann er zurück zu seiner Frau und seiner Tochter. Als er jedoch – durch eine Wahnvorstellung abgelenkt – einen Unfall hat, kommt alles anders.
Bereits die Tatsache, dass die ominöse Substanz Helium-3 sowie der gesamte historische Background des Films zu Beginn in wenigen Minuten abgehandelt und dann niemals weiter erläutert werden, lässt kaum Zweifel daran, dass Jones seinen Blick allein auf den Menschen richten will. Sein Desinteresse an inhaltsleeren Zukunftsvisionen und technischen Spielereien spiegelt sich in den minimalistischen Schauplätzen des Films wieder, welche eher Träger von Stimmungen als von Spezialeffekten sind. Durch den feinfühligen Soundtrack von Clint Mansell entwickeln sie in manchen Momenten eine überwältigende Wirkung, vor allem die stille Melancholie der grauen Mondlandschaft bleibt im Gedächtnis.
MOON will zurück zu den plausiblen, psychologisch bzw. existenzialistisch geprägten Bereichen des Science Fiction Kinos, die vor allem in den Siebzigern und Achtzigern mit Filmen wie BLADE RUNNER(1982) oder OUTLAND(1981) – und natürlich mit Perfektion in einigen Filmen Andrej Tarkovskys – erkundet wurden. Ein lobenswerter Ansatz, hier anzuknüpfen. Noch lobenswerter ist, dass Jones seinem Vorhaben auch gerecht werden konnte.
Ohne zu viel vorweg zu nehmen: Der Film greift fast ausschließlich Motive auf, welche bereits bekannt sind, kombiniert und variiert diese aber sehr gekonnt. Hervor sticht dabei Sam Rockwell (FROST/NIXON, CONFESSIONS OF A DANGEROUS MIND), der die Geschichte mit seinem vielseitigen Spiel stets lebendig hält und die Entwicklung der Figur sehr bewegend und aufreibend vermittelt. MOON thematisiert die Entfremdung des Menschen: von seiner Heimat, von seiner Vergangenheit, von sich selbst. Und damit hat sich Duncan Jones letztlich gar nicht weit entfernt von den Sorgen und Nöten, die damals den gestrandeten Raumfahrer in Gestalt seines Vaters plagten.
Dennis Vetter