Buch: Exposee, Treatment und Konzept
Kurz und knackig
Dennis Eick: Exposee, Treatment und Konzept (Praxis Film 26), Konstanz: UVK 2005. 182 Seiten, € 17,90
Bücher zum Drehbuch gibt es in Hülle und Fülle. Wie man es schreibt, was reinkommt, wie es auszusehen hat und wozu es gut ist bzw. wozu gut zu sein hat. Jeder, der für den Film schreiben will, ist früher oder später an eines dieser Bücher geraten. Man muss schließlich wissen, wie das ist, mit dem Szenenkopf, den Dialogen etc.
Doch dummerweise läuft das nicht so: Niemand packt die Geschichte, die er zu er-zählen hat, in ein Drehbuch, schickt es ein und sieht es bald darauf auf der Leinwand – mit einem Haufen Geld mehr auf dem Konto. Schön, vielleicht gibt es doch den einen oder anderen, bei dem es so abläuft. Diese Glückspilze und Stars des Geschäfts haben es freilich nicht nötig, gedruckte Ratgeber zu kaufen und durchzulesen. Klingt blöd, ist aber so.
Was nun kaum ein Drehbuch-Buch verrät, ist das mit dem Exposee bzw. dem Treatment. Das sind die Stationen der Geschichte, die zwischen dem Kopf und dem Script liegen. Und noch gemeiner ist, dass die Bücher noch weniger verraten, wie absolut notwendig diese Stationen sind. Ohne Exposee, ohne Treatment wird es kein Drehbuch geben. Selbst wenn Sie es gleich schreiben, es geschrieben haben, bei einem Sender oder einer Produktionsfirma einreichen: es „gibt“ dieses Drehbuch praktisch nicht.
Mit Exposees oder Treatments verkauft man das Drehbuch, bringt es an den Mann. Es ist das Bewerbungsschreiben, der Lebenslauf, das Klingeln an der Tür. Nur was es mit diesen eminent wichtigen und mysteriösen „Dingern“ so recht auf sich hatte, ja, das war bislang ein Geheimnis.
Nun jedoch braucht sich niemand mehr die Haare raufen, jammern und wehklagen. Denn endlich wurde das Geheimnis gelüftet und eine Lücke geschlossen, die umso abgrundtiefer war, als es doch auf der Hand lag, sich ihrer anzunehmen. In der UVK-Reihe Praxis Film, die ihrem Titel alle Ehre macht, wird von Dennis Eick auf läppischen 182 Seiten nahezu alles über die Vorstufen des Skripts erläutert. Dabei täuschen diese wenigen 182 Seiten. Von Rechts wegen müssten es doppelt, gar dreimal soviel sein – derart informell und nützlich erweist sich das Buch.
Eick war „Fiction-Redakteur“ bei RTL, doziert zudem an den Unis Köln und Düsseldorf zum Thema Drehbuchschreiben, und seine Praxiserfahrung merkt man dem „Exposee, Treatment und Konzept“ stets an. Kurz und knackig geraten die Sätze, schnörkelloser Ballast entfällt. Der schlichte wie punktgenaue Buchtitel ist Programm. Wenn dann doch mal etwas zum zweiten oder dritten Mal gesagt wird, dann nur, weil man es auch nach hundert Mal nicht genug gehört hat. Vor Theorie scheut Eick dabei auch nicht zurück, er hält sich aber nur mit ihr auf, wenn sie das Verständnis der Ausübung betrifft und also im Praktischen Sinn macht.
Eick beschreibt zunächst den Stoffentwicklungsprozess. Ohne lehrmeisterlich zu sein, gibt er Anregungen und Tipps: Welche Geschichte könnte für wen in welcher Form interessant sein? Mit welchem Titel kommt man an? Der reine Sinn eines Exposees und Treatments wird eingängig erläutert: keine Schikane sondern Ökonomie. Wer kann schon alle eingesandten fertigen Drehbücher lesen – und muss es, wenn es doch in kurz gehen kann? Beim Treatment macht Eick deutlich, dass es sinnvoll ist, ein Thema zu formulieren (wenn auch nur für sich), sich Gedanken über Setting und Subtext zu machen. Zuletzt geht er auf das Konzept für eine Serie ein. Auch hier wieder: Praxis pur.
Eick behandelt bei alledem sowohl Form als auch Aufbau, Länge und Struktur, außerdem den „Ton“ und die Figuren, wie diese in welcher Phase ausgestaltet sein müssen – je nach ihrer Funktion im jeweiligen Stadium der Stoffentwicklung. Sogar Raum für die Figurennamen hat es – bei 182 Seiten! –, außerdem für Hinweise auf Selbstverständlichkeiten wie korrekte Grammatik und Orthographie.
Das gerät immer eingängig und logisch, keine selbstzweckhaften Regeln werden aufgestellt. Im Gegenteil, einige davon – darunter überhaupt manche Ansprüche auf Standards – lässt er abblitzen. Und allein aus dem kurzen Gedanken, das Schreiben von Exposees sei vergleichbar dem Erzählen eines Witzes, dürfte für einen Drehbuchkurs allerhand Anreiz, Idee und Beschäftigung ergeben.
Komplettiert wird „Exposee, Treatment und Konzept“ von einem Musterexposee („Lola rennt“ von Tom Tykwer), einem gekürzten Bildertreatment („Napola“) und dem Beispiel eines Serienkonzepts („Die Sitte“). Auch das tut gut: Eick fährt allseits mit populären Vergleichen und Mustern auf. Dass kein echtes Treatment (sondern „nur“ die weiterentwickelte Form, eben ein Bildertreatment) als Exempel kommt, schmerzt ein wenig. Dafür wartet das Buch mit einer kurzen Internetlinkliste auf, die u.a. zu entsprechenden Beispielen führen.
Eicks profunde Schnörkellosigkeit bereitet auf die raue Wirklichkeit vor, treibt dem die Flausen aus, der sich fürs Schreiben nur in einem Elfenbeinturm wähnen mag. Zugleich entmutigt er nicht, weil er einen an der Hand nimmt, die Fallstricke und Sackgassen vorführt und zeigt, wie man sie vermeidet oder umgeht. Gerade weil er schreibt, als habe er entnervt sich selbst auf der anderen Seite, als Redakteur, die Arbeit schöner machen wollen, dafür endlich mal allen Unwissenden Bescheid geben wollen, wie es zu gehen hat – gerade deshalb ist dieses Buch eines der gelungensten Anleitungsbücher überhaupt. Für alle, die sich anschicken, für Film oder Fernsehen zu schreiben und nicht nur für die Schublade: sehr zu empfhelen.
Bernd Zywietz (2005)
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