Berlinale-Retro 2025: „Deadlock“ von Roland Klick

„Wild, schräg, blutig. Deutsche Genrefilme der 70er“ – so hieß die Retrospektive der Berlinale 2025. Harald Mühlbeyer hat sich alle Filme angesehen

 

„Deadlock“

BRD 1970, Regie: Roland Klick, mit Marquard Bohm, Mario Adorf, Anthony Dawson, Mascha Elm-Rabben


Roland Klick ist einer der großen Regisseure der deutschen Filmgeschichte, ein wahrer Maverick, der sein Ding durchgezogen hat. Und mit seinem Zweitling „Deadlock“ Kultstatus erlangt hat: eine minimalistische Gangsterstory im Italowesternlook; einer der besten deutschen Filme überhaupt. Marquard Bohm als Kid, Mario Adorf als Charles Dump, Anthony Dawson als Sunshine. Dazu ein Koffer voll Geld, eine abgewrackte Minensiedlung, eine junge Frau, geistig zurückgeblieben und Begehrensobjekt für die Männer. Mehr braucht Klick nicht, um seine Story vom Belauern, von brüchigen Allianzen, von Gier und Bosheit zu erzählen – ach doch: natürlich die Musik von Can, die psychedelischen Rock beisteuert, zu den sonnendurchfluteten Bilder der Wüstenei, in der sich die Gewalt abspielt.

Ich bin wieder völlig eingetaucht in diesen Film, der hypnotisch die gleißende Sonne über trockenen Steinen zeigt, der aus ganz wenigen Elementen – drei Männer, ein Geldkoffer, eine Maschinenpistole – eine solch kräftige filmische Dynamik gestalten kann. Marquard Bohm ist völlig kaputt, wenn er am Anfang durchs Sonnenlicht auf die Kamera zuläuft, zur heftigen Can-Gitarrenmusik; Mario Adorf als Charles Dump (was für ein Name!) liest ihn auf, oder besser: seinen Koffer, den Typen namens Kid lässt er liegen. Bringt es aber auch nicht übers Herz, ihn umzubringen, und das ist der Beginn dieses Zwickmühlenspiels. Jeder ist im Visier des anderen… Dump gibt sich hart, hat’s aber nicht drauf. Kid ist dem Tode nahe, weiß sich aber zu helfen. Und Sunshine, der Obergangster, der irgendwann ankommt, der hat alles und alle im Griff.

Klick – Regie, Drehbuch, Produktion – kann mit kleinen Gesten, ohne viele Worte, über Gegenstände, Blicke, Kameraeinstellungen die Positionen der Protagonisten im Machtgefüge darstellen, ein Machtgefüge, das sich immer wieder ändert. Als Zugabe gibt es eine junge Frau, die vielleicht Dumps Tochter, auf jeden Fall seine sexuelle Gespielin ist, und die als zusätzliches – aber sekundäres – Begehrensobjekt ins Spiel kommt. Sie ist geistig zurückgeblieben, weiß aber um ihren Körper und was Männer von ihr wollen. Vermutlich auf die harte Tour gelernt, vermutlich ist sie seelisch von vielen schon zerstört worden.

Aber kaputt sind sie alle, auf ihre je eigene Weise, und dass Klick dies alles im Rahmen eines veritablen Genrefilms ausführt, ist absolut erstaunlich. Gangster, Italowestern, Psychothriller – jedes Mal, wenn ich den Film sehe, tauche ich ein in diese Welt aus Dreck und moralischer Verkommenheit, in der Klick seine Protagonisten eben doch als Menschen zeigt. Wobei „Mensch“ nicht unbedingt ein Kompliment zu sein braucht.

 

Harald Mühlbeyer


Die weiteren Filme der Berlinale-Retrospektive 2025 „Wild, schräg, blutig. Deutsche Genrefilme der 70er“:

 

„Blutiger Freitag“ von Rolf Olsen

„Einer von uns beiden“ von Wolfgang Petersen

„Fleisch“ von Rainer Erler

„Fremde Stadt“ von Rudolf Thome

„Hut ab, wenn du küsst!“ von Rolf Losansky

„Jonathan“ von Hans W. Geißendörfer

„Lady Dracula“ von Franz Josef Gottlieb

„Mädchen mit Gewalt“ von Roger Fritz

„Männer sind zum Lieben da“ von Eckhart Schmidt

„Nelken in Aspik“ von Günter Reisch

„Nicht schummeln, Liebling!“ von Joachim Hasler

„Orpheus in der Unterwelt“ von Horst Bonnet

„Rocker“ von Klaus Lemke

„Die Zärtlichkeit der Wölfe“ von Ulli Lommel