FILMZ 10: SATTE FARBEN VOR SCHWARZ
Seit fünfzig Jahren sind Anita (Senta Berger) und Fred (Bruno Ganz) zusammen, könnten den Lebensabend genießen, eine schöne Villa haben sie, leben in gehobenen Verhältnissen und doch zugleich sehr souverän und entspannt darin – und wie vor allem Fred seiner Frau von der Seite ansieht, dabei lächelt, lässt einen spüren, wie glücklich sie miteinander noch sind.
Doch Bruno will sich auch absondern, Raum und Zeit zum Nachdenken, und während der Sohn nach Hause kommt, weil die Tochter heiratet, erfahren wir nebenbei: Bruno hat Krebs. Und überlegt, ob er sich überhaupt operieren lassen will. Anita ist darüber still verletzt, hilflos. So muss sich das Ehepaar damit auseinandersetzen, wie es ist, mit- und gegeneinander alt zu werden. Und dass es für jeden unweigerlich aufs Ende zugeht.
SATTE FARBEN VOR SCHWARZ ist kein Kranken- und auch weniger ein Alters-, sondern ein Beziehungsdrama. Eines, das sein unbequemes und wichtige, oft unterbeleuchtet Themen mit kleinen Details und genauen Beobachten, dazu mit auch feinsinnigem Gespür für Momente, Stimmungen und Dialoge – auch Witz – geerdet, dabei sehr leicht und umso mutiger angeht. Keine depressive Krankenhausaufnahmen, sondern eine Bürgerwelt, in der die Alltäglichkeit des Rentendasein gegen eine andere, viel existenziellere behauptet werden will. In der Gefühle und Auswege ausprobiert werden, bis zum konsequenten Ende. SATTE FARBEN IN SCHWARZ ist ein Film, der sich nicht nur Zeit, sondern die richtige Zeit nimmt.
Fast schmerzhaft schön oder elegant und doch nicht verkündstelt ist die Bildgestaltung (Kamera: Christine A. Maier). Doch neben dem vorzüglichen Buch (Regisseurin Sophie Heldman zusammen mit Felix von Knyphausen, basierend auf biographischen Erfahrungen der deutsch-schweizerischen Filmemacherin) sowie der vorzüglichen Regie sind es vor allem aber die beiden großen Darsteller Senta Berger und Bruno Ganz, die SATTE FARBEN VOR SCHWARZ zu einem intensiven – nein, nicht Erlebnis: einer Erfahrung machen.
Ob beide zusammen, liebkosend, Berger stumm verzweifelt; wenn Ganz nackt im Spiegel seinen gealterten Körper betrachtet oder im Gespräch mit einem Mundwinkelzucken oder einem Blick Worten und Tun nachgerade „auflädt“, wie das keine Regie und kein Drehbuch auch nur andeuten können: dann ist das bei ihnen nicht nur eine couragierte Auseinandersetzung mit der eigenen Lebensphase, die mit sichtlichem Wissen miteingebracht wurde, sondern schlicht von einer Präsenz und Dichte, die einen nicht so schnell wieder verlässt.
Vielleicht ist gerade deshalb der Titel so erstaunlich treffend, beschreibt er weniger etwas im Film oder den Films - als vielmehr das "Wirkung" des Films auf den Zuschauer.
Daher: Ganz großes Kompliment für und vielen Dank an Frau Heldman, die hier nicht nur ihren dffb-Abschluss- bzw. Debütfilm vorgelegt hat, sondern mehr noch etwas, das mit zarter Hand ganz fest packt.
Bernd Zywietz
SATTE FARBEN VOR SCHWARZ läuft auf dem FILMZ noch einmal am Sonntag um 17.30 Uhr im Cinestar 7. Sollten Sie nicht verpassen!
R: Sophie Heldman
B: Felix zu Knyphasuen, Sophie Heldman
K: Christine A. Maier
SCH: Isabel Meier
Mit: Bruno Ganz (Fred), Senta Berger (Anita), Leonie Benesch (Yvonne), Barnaby Metschurat (Patrick), Carina Wiese (Karoline)