FddF LU: Mieser Stil?
Quelle: Festival des deutschen Films/Ben Pakalski |
Sehr geehrter Herr Filmwissenschaftler!
Ich habe zufällig, neugierig im Netz unterwegs, Ihren Beitrag auf Ihrer website gelesen:
http://screenshot-online.blogspot.de/2012/06/fddf-lu-miesester-stil-1.html
Ich schlage vor,
Sie ersparen sich künftig den Besuch des Festivals (und wir uns ihre Akkreditierung).
Sie dürfen unsere Veranstaltung bewerten wie Sie wollen
und Sie dürfen es sich auch selbstverständlich leisten, mich zum Zirkusclown zu deklarieren
(und sich selbst zum Überwachungs-Cineasten)
aber wir dürfen uns dann auch gestatten,
Sie künftig von solchen Zumutungen auch noch auf unsere Kosten zu befreien.
Angesichts Ihrer kritischen Einstellung erscheint es ohnehin geboten, dass Sie sich unabhängig von jedem Vorwurf der Begünstigung Ihre Tickets selbst kaufen. Damit ist die freie Berichterstattung dann auch wirklich gesichert.
Ferner dürfen Sie auch mal Ihrerseits im Netz nachschauen, ob meine cineastischen Kenntnisse und Ambitionen ggf. an Ihre heranreichen
und sich dann anschließend gerne entschuldigen.
MfG
Dr. Michael Kötz
Geschäftsführender Direktor
Festival des deutschen Films gGmbH
Am selben Abend antworteten wir mit folgender Mail:
Sehr geehrter Herr Festivaldirektor!
Ich entschuldige mich dafür, einen kritischen Bericht zu Ihrem Festival nicht nur verfasst, sondern auch noch veröffentlicht zu haben. Ich entschuldige mich dafür, Ihre Lebensleistung nicht angemessen gewürdigt zu haben. Ich entschuldige mich dafür, dass die Filme heutzutage mit einem Abspann von sage und schreibe vier Minuten Länge ausgestattet werden. Ich entschuldige mich dafür, dass Sie bei mir den starken Anschein erweckt haben, einen Film vorzeitig abgebrochen zu haben. Sorry, echt.
Um des lieben, lieben Friedens Willen: Wenn ich in den Satz "Dass Kötz aber sowenig Liebe zum Film empfindet, wie er während der Vorstellung von "Schuld sind immer die anderen" offenbarte, das entsetzt dann doch." hinter Ihren Nachnamen das Wörtchen "anscheinend" einfüge - dann wäre doch meiner journalistischen Sorgfaltspflicht genüge getan und eine Beleidigung Ihrer cineastischen Kenntnisse und Ambitionen nicht mehr gegeben, oder? Weil nicht mehr als Tatsache dargestellt (was ich ohnehin nicht wollte, aber zugegebenermaßen unglücklich formuliert habe), sondern als Anschein (siehe auch im weiteren Verlauf des Textes "offenbarte" und "Anschein")...
Ich finde es nach wie vor empörend, einen Film während des Abspanns abzubrechen. Und ich bestehe darauf, diese Empörung auch kundtun zu dürfen. Und ich bestehe darauf, mir von keinem Festivaldirektor der Welt in meine Berichterstattung reinreden zu lassen, auch wenn ich zehn Akkredierungsbadges umgehängt bekäme.
Ich hoffe im Übrigen, dass Sie auch meine anderen Beiträge zum Festival gelesen haben, von denen die meisten den "besten Filmen" gewidmet sind.
Und ich hoffe, dass Sie im Sinne der von Ihnen in Ihrer Mail postulierten freien Berichterstattung die Vergabe von Akkreditierungen nicht vom Inhalt der Festivalberichte abhängig machen. Das nämlich wäre ein echter Skandal; nicht nur eine private Empörung meinerseits über einen von Ihnen abgebrochenen Film.
Mit freundlichen Grüßen
Harald Mühlbeyer
Aus unserer Sicht ist die Mail von Dr. Michael Kötz nichts anderes als der Versuch, die Pressefreiheit zu brechen. Wir warten gespannt auf eine Antwort des Festivals. Selbstverständlich werden wir Sie auf dem Laufenden halten.
xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx
Um
das „wir“ in Screenshot zu ergänzen nur kurz mein (nach etwas Nachdenken leicht überarbeiteter) Kommentar als Co-Redakteur zu
diesem Austausch.
Meines
Erachtens schießt Herr Dr. Kötz mit seiner Gegenkritik nicht nur erheblich
übers Ziel hinaus, sondern diese ist in wesentlichen Teilen gegenstandslos.
Zunächst:
Herr Mühlbeyer war nicht als Filmwissenschaftler auf dem 8. Festival des
deutschen Films, sondern als Filmkritiker und Journalist. Dies spielt durchaus
eine Rolle (s.u.).
Auf welcher Grundlage sich Herr Dr. Kötz zum „Zirkusclown deklariert“ sieht, bleibt mir ein Rätsel. Auch wird nirgendwo die cineastische Kompetenz von Herrn Dr. Kötz in Abrede gestellt, sondern die offenbar mehrfach postulierte „Filmleidenschaft“ angesichts – und das ist der springende Punkt – eines konkreten beobachteten Ereignisses bzw. des Vorgehens von Herrn Dr. Kötz während einer einzelnen, als solcher klar herausgehobenen Vorführung angesprochen.
Das
heißt, weder wurde pauschal die Qualität der Filmauswahl des Festivals oder dieses selbst in irgendeiner Weise bestritten und dies Herrn Dr. Kötz angelastet,
noch etwas Ähnliches behauptet oder beklagt. Seine cineastischen Kenntnisse und
Ambitionen stehen und standen in keiner Weise zur Debatte; sie werden auch
nicht im Beitrag thematisiert, sondern erst von Herr Dr. Kötz selbst ins Spiel
gebracht. Womöglich hätten wir auch gerne bei Alexander Kluge promoviert, für
die Frankfurter Rundschau geschrieben und einen Film wie „Traumhafte Zeiten -
Erzählung einer Stadt. Mannheim 1607 – 2007“ konzipiert, produziert, inszeniert,
geschnitten und eingesprochen. Aber das tut nun mal nichts zur Sache.
Es ist denn auch fragwürdig, unter diesen Umständen mit der künftigen Vorenthaltung einer Presseakkreditierung als Sanktionsmaßnahme für einen unerwünschten Beitrag (und als nichts anderes ist es zu werten) zu hantieren. Dabei auch noch auf höhnische Weise – selbst wenn ironisch gemeint – die Pressefreiheit ins Spiel zu bringen, gar zu „begründen“, ist abgeschmackt.
"[...] aber wir dürfen uns dann auch gestatten, Sie künftig von solchen Zumutungen auch noch auf unsere Kosten zu befreien."
Mit Verlaub; ganz einfach: Nein. Dürfen Sie sich nicht.
Jedenfalls: Sollte sich der betreffende Vorfall nicht so wie von Überwachungscineasten Harald Mühlbeyer beschrieben und (meines Erachtens nicht unbegründet) beanstandet hat, zugetragen haben, bitten wir natürlich um Entschuldigung. Ansonsten hat Herr Dr. Kötz bei einer öffentlichen Veranstaltung agiert, wie er es tat, wurde dabei beobachtet und dafür hinterher kritisiert. In diesem Fall wäre von einer Person in dieser Position und mit seinem Renommee vielleicht nicht nur mehr Souveränität zu wünschen, sondern auch zu erwarten.
Aber, bei aller Hitzigkeit – vergeben und vergessen.
Bernd Zywietz