FddF LU: Die Eröffnung mit "Blaubeerblau"

Das Festival des deutschen Films hat den expliziten - auf den weitgestreuten Flyern zum Ausdruck gebrachten - Anspruch, "die besten Filme des Jahres" zu zeigen. Das ist sehr ambitioniert und von großem Selbstbewusstsein gekennzeichnet; und es ist schwammig genug, um so einigermaßen durchzugehen: wer entscheidet denn über "das Beste"? Kommt der Film beim Publikum an, ist dies der Beweis für seine Güte; kommt er weniger an, hat er künstlerische Qualitäten: eine Win-Win-Situation.

Zur Eröffnung "Blaubeerblau", ein Fernsehfilm, verantwortet von BR und MDR, mit allem, was einen Fernsehfilm ausmacht: Unterhaltung diesseits von Christine Neugebauer, die ihn für einen angenehmen Mittwochabend qualifiziert; man kann zwischendurch aufs Klo gehen; und er erfüllt einen gewissen Bildungsanspruch.
Ersteres bewirkt einen Publikumsappeal, der sich in minutenlangen Ovationen ausdrückte, weil sich in dem Film das Publikum wie in einem weichen Kissen gemütlich ausruhen konnte; eine recht vorhersehbare Dramaturgie mit einer Handlung, die immer wieder zum Schmunzeln oder gar zum Lachen reizt; und das Thema des Sterbehospizes.

Letzteres freilich: das sichtliche Bemühen, ein achso sperriges Thema dem Publkum schmackhaft zu machen, machte mir den Film gleich zu Anfang unsympathisch. Da wird drauf rumgeritten, dass der Architekturbüroangestellte Fritjof (Devid Striesow) ein Hospiz ausmessen muss, das erweitert werden soll, und Striesow zeigt mit allen Fasern seines Körpers die Reserviertheit, Unsicherheit, Ablehnung des Gedankens ans Sterben. Jahaa, das ist ein Tabuthema, so heißts mal im Film, aber gehört zum Leben dazu! Und erklärt erstmal, was ein Hospiz ist, und muss erstmal genauestens die eigene Courage feiern, dieses "heiße Eisen" anzupacken, und impliziert stets einen Zuschauer, der sich vor dem Thema fürchtet und lieber nichts davon wissen will. Und das ist ja nunmal fraglich, vor allem bei einem ARD-Publikum jenseits der Wechseljahre, das ohnehin dem Sterben näher ist als der Geburt. Hat man wirklich diese Manschetten im Angesicht des Todes? Viel eher scheint der Film im Sturm offene Türen einzureißen mit seiner Behauptung der Brisanz (und damit der Relevanz) seines Themas; das er ja zudem erstmal noch zu erklären müssen glaubt.

Nach ner halben Stunde wirds besser, Striesow im Hospiz beim Messen, trifft auf einen krebskranken früheren Schulkamerade, den Stipe Erceg überzeugend spielt, etc.pp.; jetzt spielt Striesow nicht mehr so überdeutlich, sprich: schmierendarstellerhaft, sondern macht seine kleinen Gestiken und Mimiken, die er so gut beherrscht. Vorhersehbar bleibts immer noch; wird aber jedenfalls erträglicher.

Eröffnungsfilm eines Festivals der besten Filme des Jahres aber hätte dies nicht sein sollen.

Harald Mühlbeyer