Mit links!


Überlegungen zu den 82 Academy Awards


Hmm… Hat Michael Moore (ja, Michael Moore!) Recht? In einer Rundmail vom gestrigen Oscar-Sonntag erregte er sich nach seiner Art über diejenigen, die THE HURT LOCKER einen „ausgewogenen“ Film nennen. Nicht, weil der Film böse tendenziös ist, sondern weil er den Irr- und Wahnsinn des Irak-Krieges deutlich zeige (also gut tendenziös ist) - kein Film, der für eine Verlängerung des Militäreinsatzes am Golf plädiert. Auch Camerons AVATAR dürfte den konservativen Patrioten, so Moore, wenig schmecken, als Anspielung auf den US-amerikanischen Imperialismus und Kolonialismus.

So gesehen bekommen die 82. Academy Awards einen ganz neuen Dreh: Ein politisches Statement der Linken und „liberals“. Denn was Michael Moore gestern natürlich noch nicht wusste: THE HURT LOCKER hat abgesahnt; u.a. bestes Drehbuch, beste Regie – und bester Film 2010. Fein, die „edlen Wilden“ in Blau (und 3D) gingen relativ leer aus. Aber wie sieht es mit den anderen Preisen aus?



Beste Nebendarstellerin und bestes adaptiertes Drehbuch:
PRECIOUS: BASED ON THE NOVEL PUSH BY SAPPHIRE, die Geschichte einer jungen schwarzen Analphabetin im Getto, schwanger durch Inzest, keine Chance, gewalttätige Mutter, ein Statur wie Michael Moore – keine Chance. Das Schulsystem ist marode und bietet doch etwas Halt. Klingt also auch nicht nach einem Plädoyer gegen das Kürzen von öffentlichen Ausgaben und dem kernigen Jeder-kann’s-schaffen-wenn-er-will der Republikaner.



Diese kriegen stattdessen mit dem besten Hauptdarsteller eine Ikone kaputt gemacht. Nach den schwulen Cowboys vom BROKEBACK MOUNTAIN triumphiert jetzt ein besoffener, abgehalfterter Country-Sänger mit Stetson, famos gespielt von einem alt gewordenen Jeff Bridges. „Der Hippie hat verloren, Mr. Lebowski?“ Wohl kaum! Wenn der Dude jetzt noch in THE MEN WHO STARE AT GOATS eine psychodelische Sondereinheit der Armee aufbauen darf, wird es noch enger für die harten Kerle…

Aber, aber was ist denn… - Richtig! Christoph Waltz! Der fulminante Nazi in Quentin Tarantinos INGLORIOUS BASTERDS zeigt, dass und wie die alten Weltkriegsschurken – auch und gerade die des Kinos – diebischen Spaß auf der Leinwand machen dürfen und sich auch mal dem harten braven alliierten Killerkommando davonspielen.

Wo es dann so richtig um Zucht und Ordnung geht, rechte Erziehung, Zusammenhalt und, nun ja, kindliche Eigeninitiative, da geht man leer aus: Statt DAS WEISSE BAND in gutem alten Schwarzweiß gewinnt .... irgendwas aus Peru oder so. (Wo ist bloß die 1970er CIA mit ihren kleinen geheimen Interventionen in Südamerika nur geblieben?)



Schön, immerhin darf mit Sandra Bullock als beste Darstellerin (freilich: auch eine Deutsche, so ein bisschen!) der gute alte amerikanische Traum geträumt werden. THE BLIND SIDE zeigt, dass du auch als obdachloser Niemand ein Footballstar werden kannst, juhu, so mit an sich glauben und so! Was irgendwie auch für Bullock mit ihren fürchterlich rot geschmickten Lippen galt, tags zuvor hat sie noch die Goldene Himbeere als schlechteste Schauspielerin 2009 entgegen genommen (freilich wegen ihrem Spiel in einem ganz anderen Film).

Aber allzu subversiv darf die Oscar-Show ja auch nicht geraten, und wer weiß, vielleicht wird des nächstes Jahr wieder besser. Vielleicht erhält dann TRANSFORMERS 3 alle Preise bis hin zum besten Catering, die Roboterautos kommen dann nicht aus dem All, sondern vom General-Motors-Fließband aus Michigan (extra für Michael Moore), und im Irak machen sie mit den bis nach der Hochzeit wartenden TWILLIGHT-Vampiren den Windelschädeln da drüben klar, wo der Hammer hängt, nur für George W. Bush und in 3D.


Bernd Zywietz