DVD: „Hank and Mike“ - Endlich ein Osterfilm!

„Hank and Mike“, Kanada 2008. Regie: Matthiew Klinck


Erste Erwähnungen des eierbringenden Hasen stammen aus dem 17. Jahrhundert, wirklich populär machten ihn allerdings erst in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts die deutschen Süßigkeitenhersteller, wodurch er andere Eierbringer wie den Osterfuchs oder den Kuckuck verdrängte. Mittlerweile erfreut sich die Geschichte vom Osterhasen offensichtlich nicht nur im deutschsprachigen Teil der Welt einiger Beliebtheit, wie der nun pünktlich kurz vor Ostern auf DVD veröffentlichte kanadische Film „Hank and Mike“ beweist. Die Titelhelden nämlich sind zwei der vielen Osterhasen, die bei Easter Enterprises beschäftigt sind und jährlich weltweit die bunten Eier verstecken. Da der Vorstand der Firma allerdings Einsparungen vornehmen will, verlieren die zwei ihre Stellen und müssen daraufhin versuchen, auf dem freien Arbeitsmarkt einen Job zu finden.

Der kurzen Inhaltsangabe nach könnte es sich um eine alberne Komödie handeln oder vielleicht um einen kitschigen Kinderfilm. „Hank und Mike“ spielt mit genau diesen Erwartungen und übertrifft alle Vermutungen. Zunächst einmal hält sich die Geschichte nicht mit Erklärungen auf, es wird nicht erläutert, wie genau das Osterunternehmen organisiert ist, warum die Hasen wie Männer in rosa Häschenkostümen aussehen, ob es auch weibliche Osterhasen gibt und so weiter. Der Film betrachtet also nicht von unserer Sicht aus eine Welt, in der es Osterhasen wirklich gibt, sondern er nimmt ihre Existenz einfach als gegeben hin und entfaltet sich komplett in diesem Universum. Die Hasen sind fleischgewordene, lebendige Früchte des Kommerzes. Also erschafft die Werbung nicht einfach nur Mythen, sondern wirkliches Leben. Und das mit allen Kehrseiten.

Denn Hank (Thomas Michael, auch Drehbuch und Produktion) und Mike (Paolo Mancini) sind nicht unbedingt als niedliche, harmlose, unschuldige Kuscheltiere dargestellt. Im Gegenteil: Während Mike noch als Musterosterhase gilt und seine Laster in seiner Vorliebe für dickmachendes Essen und Liebeskitschromane bestehen, ist Hank ein Frauenheld, konsumiert Drogen und Pornos, und nimmt auch seinen Job nicht so ernst. Als sie ihre Anstellung verlieren, bricht dennoch für beide das Leben zusammen. Ihre Osterhaseneigenschaften hindern sie daran, eine andere Beschäftigung zu finden, denn wer braucht zum Beispiel schon einen Postboten, der die Sendungen versteckt? Immer stärker verfallen sie in eine Depression und gleichzeitig keimt eine Wut in ihnen, gegen die Firma, die sie einfach auf die Straße setzte. Neuerdings wird der Weg der Firma von Conrad Hubriss (Chris Klein) bestimmt, der die mausgrauen Vorstandsmitglieder zu leiten weiß und sich somit gegen die Meinung des eigentlichen Chefs Mr. Pan (Joe Mantegna) wendet. Seine Karriere verdankt Hubriss der äußerst erfolgreichen Geschäftsidee, Menschen bei ihrem Suizid zu unterstützen, wenn sie sich dabei von Fernsehteams filmen lassen und dabei Werbebanner oder Werbeshirts von dafür bezahlenden Firmen tragen. Die Werbung, also das Streben nach Profit, was ja überhaupt erst für Hanks und Mikes Existenz verantwortlich ist, bestimmt also das gesamte Leben der Menschen und zeigt sich dabei auch von seiner lebensverachtendsten Seite. Und Hubriss plant nun auch das Osterfest als Werbekampagne zu missbrauchen, indem er auf die versteckten Süßigkeiten Werbeflächen anbieten will.

Der Film inszeniert den glatten und stets in schwarzen Anzügen gekleideten Hubriss als Gegensatz zu Mr. Pan. Dieser wirkt von seiner Kleidung und seinem Verhalten mehr wie ein leicht resignierter, unmoderner Abenteurer, wie aus dem 19. Jahrhundert entsprungen. So ist auch sein altmodisch eingerichtetes Chefbüro vollgestellt mit Pflanzen, während im grauen, kahlen Konferenzraum der Firma lediglich ein steriler, weißgestrichener, entfremdeter Ast die Decke schmückt. Hier wird offensichtlich eine Entfernung von Natürlichkeit und somit vom Leben betrieben. Mr. Pan und Hubriss stehen für die zwei verschiedenen Weltvorstellungen, deren Konkurrenz auch das Leben der Osterhasen bestimmt. Der eine glaubt an das Leben und auch an die Bedeutung von kleinen Wundern für die Menschen, wie die Ostergeschenke. Der junge Hubriss hingegen gründet seine Philosophie auf der Einsicht, dass es keine Sicherheiten in der Welt mehr gibt. Er steht damit für eine junge Generation, die völlig desillusioniert dem Leben gegenüber steht. Als einziger Glaube und einziger Sinn bleibt ihm der Profit, und so wandelt sich seine Traurigkeit in Lebensverachtung, die ihn seine ganze Redegewandtheit einsetzen lässt, um die Vorstandsmitglieder von seinen Plänen zu überzeugen.


Zunächst scheint sich der ältere Mr. Pan in seine Rolle zu fügen, doch als Hank und Mike sich mit allen Mitteln um ihren Job bemühen, wird auch er sich seiner Aufgabe bewusst und rettet Ostern. Die Art, mit der er dies vollbringt, lässt ihn endgültig als eine übermächtige und unantastbare Figur erscheinen. Könnte der Kampf zwischen Mr. Pan und Hubriss als eine Art Wettstreit Gottes mit dem Teufel gesehen werden? Zwar liegt dem Film eine religiöse Aussage zum Osterfest fern, dies wird in einer kurzen karikaturhaften Szene mit Jesusanhängern, die Mike helfen wollen und die er ängstlich zurückweist, klargemacht, doch wird offensichtlich, dass der rein profitgierigen Verbiegung des Festes eine Macht entgegengesetzt werden muss.

Interessant ist hierbei, dass der Film von seiner Indieoptik der Bilder über die Charakterisierung seiner Hauptfiguren bis hin zum Musikeinsatz sehr bewusst die kitschige, heimelige Atmosphäre, die zum Beispiel vielen Weihnachtsfilmen eigen ist und die auch bei der Geschichte eines Osterfilms leicht hätte Einzug halten können, zu vermeiden versucht. Durch Mr. Pans Gewaltakt findet aber ganz klar eine Wendung statt, die Ostern dann doch zu diesem harmonischen Familienfest macht. „Hank und Mike“ trifft also die Aussage, dass der Mensch ein wenig Kitsch und vielleicht unsinnig erscheinende Rituale braucht, um weiter an das Leben glauben zu könne. Und dies erklärt dann auch die rosanen Kostüme der Hasen, sie sind zwar ebenso vom Leben gebeutelt wie die Menschen und keine putzigen Fabelwesen, aber auch ein Statement für die Wichtigkeit von Traditionen, unserem Kulturgut, sei es auch von der Industrie berühmt gemacht, und kleinen Wundern.

Neben diesem Grundthema wartet die Komödie mit vielen intelligenten Wortwechseln und komischen Begebenheiten auf, und auch die Kamera ist für die kleine Produktion bewundernswert vielseitig und ungewöhnlich.
„Hank und Mike“ ist also nicht nur äußerst unterhaltsam und komisch, sondern bietet eine erstaunlich intelligente Beschäftigung mit der Bedeutung von Feiertagen und darüber hinaus ist er selbstverständlich auch ein Kommentar zu der wirtschaftlichen Krisensituation, die auch vor Osterhasen keinen Halt macht. Somit ist der Film wahrscheinlich der perfekte Osterfilm für dieses Jahr.

Der bisher nicht in Deutschland zu sehende Film erscheint nun auf DVD, diese bietet neben Trailern einige Outtakes und ein Behind-the-Scenes-Featurette mit dem kleinen, sympathischen Filmteam, das offensichtlich großen Spaß bei den Dreharbeiten hatte.


Elisabeth Maurer



„Hank and Mike“
Regie: Matthiew Klinck. Drehbuch: Paolo Mancini, Thomas Michael. Kamera: Glen Keenan. Musik: Phil Electric. Produzenten: Pierre Even, Thomas Michael, Nicholas Tabarrok.
Darsteller: Thomas Michael, Paolo Mancini, Joe Mantegna, Chris Klein.
Vertreib: Eurovideo
Laufzeit: 86 min
Veröffentlichung: 11.3.2010