Filmfest München: Alles fließt

Die Midfestival-Crisis hat mich voll im Griff. Da zerfließen alle Filme, alle Filmbilder zu einem großen Brei, Tage, Stunden zählen nichts mehr; körperliche Funktionen wie Nahrungsaufnahme oder nächtlicher Schlaf sind auf Autopilot geschaltet.

Da sieht man dann, wie sich Immergleiches wiederholt: Die Konfrontation mit den eigenen Phobien etwa ist zentrales Thema in "Filmefobia", dessen Regisseur ich jetzt nicht nachschlagen will, einesteils wegen Lethargie meiner Festivalkrise, vor allem aber, weil der Film Käse ist. Dabei fängt es gut an: ein Gefesselter am Strand, der von einem nackten Zwerg besprungen wird, ein mit Brötchen behängter Typ in einem Taubenstall. Aber das wächst sich aus zu sehr zähen 80 Minuten, in denen sich die Protagonisten, die im Film eine Dokumentation über die Angst und die Bilder der Angst drehen, über Phobien unterhalten in Dialogen, die wohl auf Wikipedia-Artikeln beruhen.

Lustiger freilich kam "Humpday" daher von Lynn Shelton , die sich einer Männerfreundschaft annimmt. Ben und Andrew, alte Freunde und ziemlich unterschiedlich - der eine ein gutbürgerlicher Ehemann, der andere ein bohemehafter Weltenbummler - beschließen in feuchtfröhlicher Nacht ein Kunstprojekt: einen Pornofilm zu drehen mit dem Clou, dass Mann Mann fickt und beide nicht schwul sind. Das ist gefällig gemacht, so wie die Indies halt inzwischen meistens gemacht sind, mit Lustigkeit und Emotion und allen Zutaten von Hollywood, heruntergekurbelt auf eine etwas abseitigere Geschichte, als die Konvention erlaubt, die freilich auch nicht radikal durchgezogen wird. Ben und Andrew jedenfalls sinnieren darüber, wie sie hier etwas vorhaben, das sie mit dem Schlimmsten konfrontiert, das sie sich vorstellen können - was sie nicht nur mit "Filmefobia", sondern auch mit dem "Tingler" bei William Castle, der die Menschen vor Angst sterben lässt...

Und mit "Nightmare Detective 2" von Shinya Tsukamoto, in dem die Titelfigur nicht nur mit eigenen Alpträumen von der eigenen Vergangenheit gequält wird, sondern auch noch widerwillig einem Schulmädchen helfen muss, das in ihren Träumen von einer Klassenkameradin heimgesucht wird - zwei ihrer Freundinnen sind daran schon gestorben. Tsukamoto will da eine Menge alptraumhafter Atmosphäre schaffen - hätte aber einfach mal seine Bilder stehen lassen sollen, die er aber dann wieder verwackelt und zerreißt; aber im Traum ist es halt gerade nicht so, da ist alles klar, und wenn es noch so furchtbar wird.

Ernsthafter mit der permanenten Wiederholung desselben setzen sich --- ach, das schreib ich heute Abend, oder morgen. Bis dann

Harald Mühlbeyer