Filmfest München: und fließt und fließt...

Wie gesagt: Ernsthafter mit der permanenten Wiederholung desselben setzen sich zwei Filme auseinander, die ganz ohne Phobien diese Thematik im Science-Fiction-Bereich behandeln.

"The Sky Crawlers" von Mamoru Oshii ist ein Animefilm. "Ich fühle mich veranlasst, der jüngeren Generation etwas mitzuteilen. In unserem friedlichen Land gibt es keinen Hunger mehr, keine Revolutionen, keinen Krieg. Ich bin mir unsicher, ob das so gut ist", sagt Oshii - und ob er wirklich eine junge Generation erreichen wird mit seinem Film, da bin wiederum ich mir unsicher. Denn der Film ist langsam erzählt, extrem langsam, seeehhhrrrr laaaaangsaaam. Was an sich gar nicht schlecht ist, ein Kontrastprogramm zum Erwarteten. Da zeigt er eine Flugbasis mit jungen Piloten, Teenager noch, und jeden Gang in jedes Zimmer erleben wir mit, jeder Blick wird sekundenlang gehalten, und passieren tut eh nicht viel. Da sind schlicht diese jungen Piloten, die Luftkämpfe auszufighten haben - im Krieg um Europa zwischen zwei Konzernen, die als Kämpfer Androiden benutzen, die nie erwachsen werden. "Wenn du morgen sterben kannst, musst du nicht erwachsen sein", heißt es einmal. Hier treffen sich "Blade Runner" mit "1984": denn, das kommt so allmählich raus, diese Kämpfer sind schlicht lebendes Material für einen ewigwährenden Krieg, der die Bevölkerung emotionalisieren soll für ihre Helden, gegen die Feinde; so dass ein geordnetes, friedliches Zusammenleben gewährleistet ist. Aggressionen werden auf dem Fernsehbildschirmen ausgelebt, die beinahe als PC-Game-Graphik die Luftschlachten veranschaulichen.
Und das alles wird nicht als Pointe erzählt; denn so etwas gibt es nicht in dem Film. Er fließt dahin, und lässt dabei so langsam die Einsichten über diese Filmwelt, die der unseren nicht unähnlich ist, erscheinen. Das Konzept ist eben die Langsamkeit, die Ereignislosigkeit; und wenn einer stirbt, wird er ersetzt. Eine unendliche Traurigkeit liegt über "The Sky Crawlers".

In "Moon" von Duncan Jones ist die Energiefrage der Erde gelöst. Auf dem Mond wird aus dem Gestein gespeicherte Sonnenenergie gefiltert, und auf der Mondstation gibt es einen Arbeiter, der alles überwacht. Sein Dreijahresvertrag läuft bald aus - und die Einsamkeit beschert ihm Halluzinationen. Deshalb baut er einen Unfall - und wird ersetzt durch einen Klon. Die beiden treffen aufeinander, haben ihre Reibungen, wie es eben ist unter gleichgenetischen Zwillingen. Und finden heraus, wie das Energieunternehmen wirklich und vor allem billig die Mondstation am Laufen hält, ohne allzuviel Humankapital aufbieten zu müssen.
Die Großeltern, das seien "2001" und "Solaris", "Outland" und "Silent Running" seien die Eltern seines Filmes, sagt Jones; und tatsächlich fließen teilweise schön ironisch kleine Verweise auf diese Filme ein - wobei "Moon" keinesfalls epigonisch ist, oder postmodern zitierfreudig. Nein - ähnlich wie "Sky Crawlers" stellt er Fragen nach der Ersetzbarkeit der Arbeitskraft, nach der Auslieferung des Menschen an Wirtschaftsunternehmen, nach dem Wert, den der Mensch hat, wenn nur noch seine Arbeitsfähigkeit gebraucht wird. Und: "Moon" sieht verdammt gut aus, die Ausstattung lässt höchst detailgenau ein Gefühl für die Einsamkeit, für die lange Zeit auf dem Mond aufkommen. Sam Rockwell spielt die Doppelt- und Dreifachrolle des Mondarbeiters; Kevin Spacey leiht Gerty, dem Roboter, seine Stimme, der eine reizvolle Variante zu den vielen Robotergestalten in der Genregeschichte ist. Und: der Film wurde jüngst auf dem Filmfestival Edinburgh zum besten britischen Film des Jahres gewählt.

Harald Mühlbeyer
(der gleich ins Kino geht, aber vorher noch Abendessen. Junk Food, was sonst)