Im Kino: „Burlesque“ – Tanzbeine, stolpernd
„Burlesque“. Regie, Buch: Steve Antin. Kinostart: 6. Januar 2011
Screenshot freut sich: Aus unseren Autoren kann was werden. Und so hat es unser langjähriger Redakteur Carsten Kurpanek in den Abspann von „Burlesque“ geschafft, als the editor’s apprentice. Und tatsächlich lebt „Burlesque“ von der filmischen Montage; denn was die Story angeht, oder auch die schauspielerischen Leistungen von Christina Aguilera und Cher, geht der Film über die Simplizität eines durchschnittlichen Musikvideos nicht hinaus – nur Stanley Tucci als Kalfaktor in Chers musikalischem Varietétheater bringt Spritzigkeit und Spielfreude mit. Und der Plot ist die schon x-mal durchexerzierte Mädchen-wird-Supersängerin-Handlung, diesmal führt er die Protagonistin Ali (Aguilera) von Dwight’s Bar irgendwo in Iowa in die Burlesque Lounge in L.A., wo Tess (Cher) als gütig-strenge Mutti residiert.
Ein paar Holperer gibt es in der Dramaturgie: Bisschen viel hin und her zwischen Ali und ihrer zickigen Tanzkollegin Nikki, die Intrigen spinnt; bisschen sehr dahingeläpperte verhinderte Lovestory mit Alis Mitbewohner; bisschen überflüssige Charaktere sind auch drin, Peter Gallagher als missmutiger Burlesque Lounge-Mitbesitzer, der immer nur pessimistisch gucken darf und sonst keine Funktion hat. Dafür wird Alan Cumming als geschlechtlich ambivalenter Portier der Lounge ganz unter Wert verkauft, zwei Sätze darf er sagen und dreimal in die Kamera grinsen.
Wahrscheinlich – so scheint es zumindest – wurde seine Figur weitgehend aus dem Film rausgeschnitten; was aber immer noch viel zuviel an Filmhandlung drinlässt, als es „Burlesque“ vertragen würde. Weil es ja eben doch vor allem um Christina geht und um ihre Tanz- und Gesangsnummern, und – quasi als Vorgruppe und Pausenact – um Cher. Gleich am Anfang, noch als Kellnerin bei Dwight, fängt Ali an zu singen, ah, Hoffnungen und Träume; und da zeigt sich, was der Film kann, wenn er sich auf seinen Musicalcharakter besinnt: nämlich in der Montage Welten verbinden, Alis Realität und ihre Wunschgedanken, ihre Gegenwart und ihre Zukunft als Burlesque-Star, das Leben und die Bühne.
Und selbstverständlich, dessen bin ich mir sicher, hat Carsten den allergrößten Anteil an diesen musikalischen Szenen, wenn der Song allumfassend übergreift, um den Film zur überhöhten Bühnen-Musical-Burlesque-Show werden zu lassen.
Nur bei der einen Szene, da hat Carsten wohl Urlaub gehabt: Wenn Aguilera erstmals vor Cher vortanzt, um ein Engagement zu erlangen, und der Schnitt ihre Bewegungen verhackstückt und weitgehend in Großaufnahmen auflöst, so dass der Zuschauer gar nicht recht erkennen kann, was jetzt wirklich gut getanzt und was durch Kamera und Montage gefaket ist, und ob sie wirklich so gut tanzen kann, wie anschließend im Film alle begeistert behaupten.
Harald Mühlbeyer
„Burlesque“. Regie, Buch: Steve Antin. Musik: Christophe Beck. Kamera: Bojan Bazelli. Produktion: Donald De Line.
Darsteller: Christina Aguilera (Ali), Cher (Tess), Eric Dane (Marcus), Stanley Tucci (Sean), Kristen Bell (Nikki), Cam Gigandet (Jack), Peter Gallagher (Vince), Alan Cumming (Alexis).
Verleih: Sony
Länge: 116 Minuten
Kinostart: 6. Januar 2011