Screenshot Top 5 (Teil 3)
Teil 3 unseres Jahresrückblicks - mit den Top-5 von 2009 unserer Redakteure und Autoren.
Ciprian David:
Mich haben vor allem die 2 Filme verführt, mit denen ich mich am extensivsten beschäftigt habe:
"The Limits of Control"
"Adam Resurrected"
Dazu kommt noch der in den Tops omnipräsente
"Inglourious Basterds"
Dazu habe ich mich nach müßigem wegstreichen für die folgenden 2 entschieden:
"RocknRolla"(den ich vielleicht zu sehr im Rahmen von Snatch und Bube Dame König Grass gesehen habe), wo Guy Ritchies Welten des fröhlichen Zufalls die Form beibehalten, jedoch an Kontur gewinnen. RocknRolla greift von diesem System aus (und entsprechend teils plakativ) in Mystik und Philosophie, lässt die Kunst (und den Rausch) die Oberhand gewinnen und entpuppt beide als Drahtzieher hinter dem Zufall.
"Contact High" war stimmungvoll ("Soul Kitchen" wurde hingegen leider ziemlich übertrieben am Ende), märchenhaft, absurd, psychedelisch, österreichisch und das alles als durchaus gelungene Komödie.
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Markus Reuter:
„Der Dorflehrer“
Trauer, Eifersucht und Schuld stehen in diesem Film der Sehnsucht nach Schönheit, Liebe und Vergebung gleichrangig gegenüber. Der Mensch aus Fleisch und Geist mit seinen Stärken und Schwächen, Wünschen und Zweifeln steht hier im Mittelpunkt des Geschehens. Die Charaktere entfernen sich von einander und nähern sich wieder an, wobei uns die wunderbaren Hauptdarsteller Pavel Liška und Zuzana Bydžovská die Kraft einer einfachen Umarmung spüren lassen. Das alles fängt der Regisseur Bohdan Sláma mit seinem Kameramann Diviš Marek in ruhigen, kunstvoll arrangierten Einstellungen ein. Poetischer Realismus aus Tschechien im Jahr 2009.
„Der Mann aus London“
An der Oberfläche ein Krimi, ist der neue Film von Béla Tarr in der Tiefe eine pessimistische Meditation über den Menschen und die Welt. Mit seinen extrem langen Einstellungen und sparsam eingesetzten Dialogen verweigert sich der Film gewöhnlichen Spannungsdramaturgien und setzt ganz auf Rhythmus und Atmosphäre. Gedreht in kontrastreichem schwarz und weiss geraten einige Einstellungen zwar auffallend symbolisch, dafür besitzen alle Bilder eine einzigartige Schönheit. Leben und Kunst durchdringen sich in diesem Film, in dem sich die Surrealität zur Realität hinzugesellt. Ein Kino der Entschleunigung, das dem Zuschauer Raum zur Reflexion lässt. Ein außergewöhnlicher Film.
„Shotgun Stories”
Drei Söhne suchen einen Weg heraus aus der Gewaltspirale, die durch die Sünden des Vaters ihren Anfang nahm. Regisseur Jeff Nichols verlegt die Gewalt in das Innere der Charaktere und kommt ohne explizite Gewaltdarstellungen aus. Ein herausragender Michael Shannon spielt die Hauptrolle in diesem stillen und zurückgenommenen und dennoch aufregenden und spannungsreichen Film über die unheilvolle Schwere der Rache. Zusammen mit „Der Dorflehrer“ und „Der Mann aus London“ bildet „Shotgun Stories“ die Minimalismus-Trias des Jahres 2009.
„Watchmen – Die Wächter“
Düster, gewaltig, radikal: nach dem ästhetizistischen „300“ überrascht Zack Snyder mit einer formal und inhaltlich stimmungsvollen Adaption des Comics von Alan Moore. Snyder vertraut der genialen Vorlage und scheint diese zu großen Teilen nahezu eins zu eins als Storyboard für sein Drehbuch übernommen zu haben, ohne dabei das Medium Kino zu vergessen. Alleine schon die bewegten Bilder der Titelsequenz zu Bob Dylans „The times, they are a-changin’“ gehören zu den eindrücklichsten Kinomomenten des letzten Kinojahres.
„Gran Torino”
Ein warmherziges Alterswerk Eastwoods, ein Spiel mit seinen Rollenklischees, ein Film voller Humor und Toleranz. Das politisch unkorrekte Grummeln der von Eastwood selbst verkörperten Hauptfigur Walt Kowalski ist zunächst Ausdruck des Unbehagens an seinen asiatischen Nachbarn und schon jetzt legendär. Sein Groll weicht aber mehr und mehr einer gegenseitigen, ursprünglich wohl nicht für möglich gehaltenen Annäherung zwischen den Kulturen. Schade, falls es tatsächlich Eastwoods letzter Auftritt vor der Kamera gewesen sein sollte – wenn es dennoch so sein sollte, wäre es ein würdiger Abtritt.
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Dennis Vetter:
"Love Exposure"
Weil ich beim Schauen für 4 Stunden vergessen durfte, dass ich in meinem Leben schon so viele schlechte Filme gesehen habe.
"Das Weiße Band"
Weil ich Haneke schon geliebt habe, als er noch richtig bösartig war und er nun über seinen Schatten gesprungen ist und mit dem reflektiertesten Film seiner Karriere jeden Zweifel an seiner Großartigkeit beseitigt hat.
"Martyrs"
Weil ich mich seit Jahren auf keinen Film so gefreut habe und er meinen Erwartungen sogar gerecht werden konnte! Für mich nach der völligen Enttäuschung durch A L'INTERIEUR der bisher gelungenste Film der aktuellen französischen Horrorwelle, ein Hoffnungsschimmer auf Zukünftiges...und einer der härtesten und schönsten Schläge in die Magengrube, die ich kenne.
"Avatar"
Weil er mir wahninnig viel Spaß gemacht hat und mich daran erinnert hat, warum ich das Kino geliebt habe, bevor ich mein Filmstudium begonnen habe.
"Der Knochenmann"
Weil ich zuvor absolut keinerlei Kontakt mit Wolf Haas hatte, war ich sehr kritisch und überhaupt nicht optimistisch, einen guten Film zu sehen. DER KNOCHENMANN hat mich von der ersten bis zur letzten Einstellung permanent eines Besseren belehrt. Danke, du wunderbarer Film.
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Elisabeth Maurer:
5: "The Limits of Control" (Jim Jarmusch)
Jim Jarmusch treibt seine Beschäftigung mit Klischees auf die Spitze und präsentiert seinen jüngsten Film als eine Auseinandersetzung mit der Überwindung filmischer und erzählerischer Klischees. Ein Spiel mit dem Zuschauer, das die Spiele, die ständig mit uns gespielt werden, entlarvt.
4: "Das weiße Band" (Michael Haneke)
Das Innenleben eines Ortes und das Machtgefüge innerhalb der Gemeinschaft und der Familien wird langsam offengelegt, was ein Porträt Deutschlands, der Deutschen und vor allem ihrer Kinder vor dem 1. Weltkrieg ergibt.
3: "Inglourious Basterds" (Quentin Tarantino)
Einfach sehr unterhaltsam. Und Tarantino setzt dem Kino ein Denkmal, hier ist alles möglich, sogar alle Nazigrößen auf einmal in die Luft zu sprengen und damit allen Schrecken zu beenden.
2: "White Lightnin`" (Dominic Murphy)
In einer Umgebung ohne wirkliche Schönheit und Perspektive konstruiert sich ein junger Mann sein Weltbild, steigert sich aber immer mehr in einen religiösen Wahn und geht dabei selbstzerstörerisch gegen das letzte Schöne in ihm vor. Zwar bisher in Deutschland wohl nur auf Festivals zu sehen, liefert der Film aber ein sehr eindringliches Porträt des Niedergangs eines Menschen.
1: "Antichrist" (Lars von Trier)
Die Natur ist nicht grundsätzlich gut und gerecht, vielmehr besteht der Kreislauf des Lebens zum größten Teil aus Tod und Schrecken. Genauso verhält es sich mit den Menschen. In sehr schönen und teilweise auch extrem verstörenden Bildern zeigt von Trier wie eine Frau mit der Erkenntnis der dunklen Seite der Welt und der ihres eigenen Ichs umgeht.
Teil 1 der Top 5
Teil 2 der Top 5