Filmfest München 2010 – Kann auch schlecht sein

Das Münchner Filmfest ist das schönste Filmfestival, das man sich vorstellen kann. Das Wetter ist großartig - und so heiß, dass man sich auf den klimatisierten Kinosaal freut. Die Filmauswahl ist super - die thematischen Reihen von Deutsch über US und Asien bis zu International sind nicht hierarchisch, qualitativ geordnet wie auf der Berlinale, wo der Wettbewerb eben doch alles überstrahlt und oft genug genau deshalb enttäuscht, nein: hier sind die Filme gleichberechtigt, und für jeden ist etwas dabei. Die Filme werden dabei oft genug wiederholt, dass man in den acht Tagen, wenn mans richtig einteilt, auch (fast) alles sehen kann, was man sehen will. Und man hat noch Zeit, die Übertragungen der Deutschland-Spiele der WM zu sehen.

Aber auch das Filmfest kann danebengreifen. Zwangsweise lief "Valhalla Rising" von Nicolas Winding Refn - zwangsweise, weil der diesjährige CineMerit-Award an Mads Mikkelsen vergeben wird, und da muss man eben den aktuellen Film zeigen. Das ist ein Wikingerfilm: Mikkelsen spielt Einauge, der als eine Art Gladiator erst seine Gegner totschlägt, dann seine Unterdrücker, sich dann einer Horde fanatischer Christen anschließt, die viele Heiden totgeschlagen haben, Gott zum Gefallen. Sie wollen auf Kreuzzug ins Heilige Land fahren, im Nebel treibt es sie nach Amerika, wo die Pfeile der Indianer sie niederstrecken, wenn sie sich nicht gerade totschlagen.

Wobei der Eindruck falsch wäre, dass in diesem Film eine Menge Totschlag-Action stattfände. Klar: Splattermomente gibt es; dazwischen aber sieht man immer nur wilde Männer mit langen Bärten, die in den Himmel starren, oder aufeinander. Einauge hat auch in tiefes Rot gefärbte Visionen. Ach ja: und er ist stumm, was wahrscheinlich dem Umstand geschuldet ist, dass Mikkelsen nicht gut englisch spricht, wie er vor der Aufführung freimütig zugab. (Naja, das war natürlich kokettiert. Am Tag darauf, beim Publikumsgespräch, erwies er sich als witzig, eloquent und redselig.)

Irgendwo will der Film wohl Mystik verbreiten, irgendwas Innerliches, vielleicht sogar einen Zusammenprall von Alt und Neu - Heidnisches und Christliches, Europa und Amerika. Aber das wäre schon viel zu viel interpretiert. "Valhalla Rising" ist sozusagen auf links gewendetes prätentiöses Kunstkino, in dem nichts passiert, wo nichts vorkommt außer sinnlosen Einstellungen von unerträglicher Länge auf beispielsweise einen Grashalm oder so; was dann irgendwas bedeuten soll, es aber nicht tut. "Valhalla Rising" nun will in der Form eines meditativ-archaischen Historien-Action-Spektakels das Innenleben von Wikingern zeigen, die getrieben sind von Rache, Gier, Fanatismus usw., aber das ist so forciert und gewollt, dass es unglaublich langweilig ist. Nein: nicht mal Trash-lustig, leider.

Wie gesagt, der Film musste sein, wegen Mikkelsen und seinem Preis. Wär's nicht dieser Film gewesen, hätte Festivalchef Andreas Ströhl ausweichen müssen: dann wäre wohl "Kampf der Titanen" drangewesen. Auch keine viel bessere Alternative.