Im Kino: "Mammuth"
Jetzt kommt er ins Kino, der Film, der unserem rasenden Reporter Harald Mühlbeyer die Berlinale 2010 rettete: "Mammuth" von Benoît Delépine und Gustave Kervern, mit einem grandiosen Gerard Depardieu. Unser Befehl: Angucken!
Hier ein Ausschnitt aus Mühlbeyers Berlinale-Bericht:
„Mammuth“ ist der neue Film von Benoît Delépine und Gustave Kervern, mit einem phänomenalen Gerard Depardieu in der Hauptrolle mit passendem Spitznamen Mammuth, einen dumpfen, ungebildeten, langhaarigen, sehr fetten Dummling. Der wird in den Ruhestand geschickt, hat Langeweile, weiß nichts mit sich anzufangen und muss dann für seine Rentenansprüche noch ein paar Arbeitsbescheinigungen aus weit zurückliegenden Zeiten zusammensuchen: eine Reise durch Frankreich, zu den Orten seiner Vergangenheit, zu den früheren Arbeitsstellen als Türsteher, Jahrmarktarbeiter, Hilfsarbeiter. Eine Reise auf seinem alten Münch-Mammut-Motorrad, Baujahr 1973; begleitet von einem Gespenst, von den Bildern seiner ersten großen Liebe, die bei einem Motorradunfall gestorben ist: Isabelle Adjani spukt durch den Film.
Die Regisseure haben sich hier ganz aufs Episodische eingelassen, kein großes Ziel treibt „Mammuth“ an, wie es noch im vorhergehenden „Louise Hires a Contract Killer“ war. Keine Antiglobalisierungs-Agitprop-Bizarrerien, sondern schlicht die reine Absurdität des Daseins wird hier präsentiert. Wie sich Mammuth auf einen seltsamen Wettbewerb am Strand einlässt mit einem, der wie er mit dem Metalldetektor unterwegs ist; oder, vor allem: wie er zu seiner Nichte zieht, die aus allerlei Gegenständen seltsame Kunstwerke erschafft, irgendwo zwischen fantastischem Einfallsreichtum und naivem Kitsch – die Künstlerin Miss Ming spielt diese Frau namens Miss Ming. Und zugleich ist diese Miss Ming ziemlich deutlich debil. Und sie verändert Mammuth: der hat am Ende eine Art indianischen Kaftan an und merkt, dass er selbst auch Kunst erschaffen kann, Schinken-Kunst: Schinken-Papier-Schinken-Papier-Schinken-Papier-Schinken-Papier usw. aufeinandergeschichtet. Irgendwie hat er was gelernt über sein Leben, darüber, wie er sein Leben lang runtergedrückt wurde, sich selbst unter einen Scheffel gestellt hat. Vielleicht – eine direkt plausible Moral kann dem Film auch wieder nicht entnommen werden.
Unvergesslich jedenfalls, wie sehr sich Mammuth in seine Vergangenheit versetzt, wenn er wie damals, vor 45 Jahren, mit seinem Cousin im Bett liegt und sie sich gegenseitig einen runterholen.
"Mammuth"
Frankreich 2010. Buch, Regie: Benoît Delépine und Gustave Kervern. Kamera: Hugues Poulain. Musik: Gaëtan Roussel. Produktion: Jean-Pierre Guerin, Christophe Valette.
Darsteller: Gérard Depardieu (Serge Pilardosse / Mammuth), Yolande Moreau (Catherine Pilardosse), Isabelle Adjani (Yasmine), Miss Ming (MIss Ming).
Länge 92 Minuten
Verleih: X-Verleih
Kinostart: 16.9.2010