THE EXPENDABLES - Die Muckibude schlägt zurück



Barney Ross (Sylvester Stallone) und seine Truppe von Vollprofis erledigen gefährliche internationale Aufträge. Zum Beispiel den von Mr. Church (Cameo: Bruce Willis), der da lautet: den südamerikanischen Inselstaat von Generalissimo Garza (David Zayas) aufräumen. Die Konkurrenz hat zu viele Ambitionen – eine gute Szene – und der mit dem Alter hadernde Ross geht Kundschaften mit Spezi Lee Christmas (Jason Statham). Schnell wird klar, dass der eigentlich wirkliche Boss ein Ex-CIA-Renegat ist, der groß in Drogen machen will. Es dauert nur eine schöne Frau und schon ist für Ross der Auftrag zur Mission geworden. Dumm nur, dass sie lieber zuhause bleibt, während er den Hafen in Schutt und Asche legt.

Im geheimen Hauptquartier alias dem Tattoostudio/PS-Schuppen von Tool (Mickey Rourke), ist Ross schwer zerrissen. Darum eine kurze Phase obligatorischen Selbstzweifelns und Dialog – hier kann man getrost Popcorn kaufen oder aufs Klo gehen. Doch diese Frau ist es wert, zumal es obendrauf noch die Aussicht gibt auf Insel-Aufmischen, ergo eine Win-Win-Situation. Der abgewrackte Gunnar (Dolph Lundgren), der leider nicht mehr mit darf, versucht seinerseits den Chef um die Ecke zu bringen und seine Dauerfehde mit Ying Yang (Jet Li) zu regeln. Danach wird von der streitsüchtigen Truppe, die es natürlich nicht hinnehmen kann, dass der Boss alleine loszieht, der gesamte Präsidentenpalast in Südamerika ratzekahl plattgemacht. Dabei war der doch antik!



Die Muckibude schlägt offenbar zurück, denn im Unterschied zu Stallones letzter Actionbanane John Rambo war The Expendables in den USA Überraschungserfolg. Da horchen Feuilletons auf und diagnostizieren ein dank „kinogeschichtlich aufgeladener Charaktere“ zum Alterswerk gemausertes B-Movie (Spiegel) oder philosophieren über die „demographische Sollbruchstelle im Actionkino“ (SZ). Zum Film selbst wird nicht viel gesagt.

Die Leistung von The Expendables liegt in der Absicht. Stallones Figuren sind Relikte der Action, ebenso wie ihre Darsteller. Er selbst, schwerfällig und runzelig, aber aufgepumpt wie zu den besten Zeiten. Dolph Lundgren, Mickey Rourke, Jet Li als Vertreter des asiatischen Kampfkunstkinos, die ehemaligen Wrestler Randy Couture und Steve Austin und Jason Statham – der aktuelle Status Quo des Action-Kinos. Stallones Weg gegen das Altern ist der der unbändigen Gewalt. Er will es übers Knie brechen und das erscheint gerade in diesen letzten zwei Filmen so schreiend auffällig. Die freiberufliche Tätigkeit der alten Haudegen ist die Aufrechterhaltung der Männlichkeit – wer will schon ausgemustert werden? Nachdem dieser eine Satz der Filmwissenschaft geschuldet ist, will ich nun nicht mehr davon hören und fahre fort.



You got a problem with that?” (Mr. Church)
Das Aufbäumen der Actionikone im Alter ist die Verbindung zum letzten Stallone-Film. In John Rambo räumte der Herrenmensch im unterzivilisierten asiatischen Dschungel auf und wütet in einer Hass-Gewaltorgie, in der Stallone hinter viele seiner früheren Filme zurückfällt in eine gradewegs faschistoide Haltung. Anders gesagt: In Rambo II war das noch okay.

Trotz der Masse an von durchbohrten und explodierenden Körpern (Spezialmunition!?) die Action-typisch vorbeitanzen, stimmt mit diesem Film etwas ganz und gar nicht. Diagnostiziert wird ein Actionfilm klassischer Machart, der sich abgrenzt von modernen, meist comichaften Actionfilm. Ein ausgemachter Unfug, denn die derangierten, maßlos überschnittenen Kampfsequenzen haben mit einem Old-School-Actionfilm rein gar nichts zu tun, sondern sind eine Unart. So wirkt selbst der beschränkte Raum des Kellers, in dem die Helden (kurzzeitig) gefangen sind, einfach nicht. Ein niemals erschöpfender Strom an neuen Opfern fließt aus dem nicht-lokalisierbaren Off beständig auf die Helden zu. Warum haben denn alle plötzlich die Gesichter angemalt? Weil sie können. Würdige Gegner scheinen eher die bösen amerikanischen Bosse. Der abtrünnige Ex-Agent versteckt sich natürlich hinter einem wahren Schrank von Mann (Steve Austin), der – wirklich wahr – auch viereckig ist. Ross geht glatt die Puste aus, am Ende aber darf ja doch alles niederbrennen und explodieren.



The Expendables schafft es, trotz einer Besetzung, die viel Spielraum gegeben hätte für Humor und selbstreflexives Gespaße, in einer einfallslosen und nervtötenden Krawallorgie zu enden. Das haben viele der Actionfilme vom ominösen „alten Schlag“ in den letzten Jahren deutlich besser gezeigt (Die Hard 4) oder einfach spritziger verpackt (Shoot ’Em Up). Weder an der sinnlosen Action kann man sich erfreuen, noch gibt es einen erkennbaren Trashfaktor, der ebenfalls für Unterhaltung hergehalten hätte. Dabei ist Stallone doch mit Rocky Balboa durchaus eine stimmige Reminiszenz gelungen. Es reicht einfach nicht, Themen wie Altern, Angst vor Ausmusterung oder Gewaltpsychosen anzuschneiden, sie müssen auch gut verpackt werden. Das ist die besondere Kunst, gerade wenn es um Schauwerte geht. Die müden Einzeiler, die sich Stallones Helden zuwerfen sind abgeschmackt, die Zerstörungsorgie zu gleichförmig und eintönig. Die Kunst des Actionfilms ist es aber, das Chaos gekonnt zu orchestrieren. Hinter all dem Testosteron ist kein Schmackes, kein Bumms, Cojones, oder wie man es nennen will. Eine weibliche Heldin wäre die erste der vielen dringlichen Verbesserungen, denn auch die waren zu Stallones Zeiten schon erfunden.


Mathias Grabmaier



The Expendables (USA 2010)
Regie: Sylvester Stallone
Drehbuch: David Callaham, Sylvester Stallone
Kamera: Jeffrey Kimball
Musik: Brian Tyler
Produzenten: Guymon Casady, Boaz Davidson, Danny Dimbort, Basil Iwanyk, Trevor Short, Les Weldon
Darsteller: Sylvester Stallone (Barney Ross), Jason Statham (Lee Christmas), Jet Li (Ying Yang), Dolph Lundgren (Gunner Jensen), Eric Roberts (James Munroe), Randy Couture (Toll Road), Steve Austin (Paine), David Zayas (General Garza), Giselle Itié (Sandra), Mickey Rourke (Tool)
Laufzeit: 103 Min.
Kinostart Deutschland: 26. August 2010