Argentinier in Berlin - "Die Tränen meiner Mutter" auf DVD

von Ciprian David

"Die Tränen meiner Mutter"
Deutschland 2008. Regie: Alejandro Cardenas Amelio. Drehbuch: Cuini Amelio-Ortiz und Alejandro Cardenas Amelio. Kamera: Florian Schilling. Musik: ZORT. Produktion: Nicolas Grupe
Darsteller: Adrian Gössel, Rafael Ferro, Erica Rivas, Alice Dwyer
Länge: 93 Min
Verleih: Eye See Movies
DVD-Start: 27.11.2009


Alex ist auf dem Weg zum Krankenhaus, wo sein Vater auf dem Sterbebett liegt. Zum ersten Mal fährt er durch Buenos Aires. Er ist enttäuscht, er will seinen Vater nicht sehen.

Der erste Spielfilm des Regisseurs Alejandro Cardenas Amelio bringt die Geschichte der in den Achtzigern aus politischen Gründen emigrierten Argentinier auf die Leinwand und jetzt auf DVD. Mit der in Berlin wohnenden Familie von Alex als Exponent entfaltet sich vor dem Zuschauer eine durch Kinderaugen erzählte Geschichte der Migration. Sich anpassen oder versagen wird für Alex Eltern zum Entscheidenden und für Alex zum Kindheitsdrama. Während seine Mutter erfolgreich als freie Journalistin die Welt bereist, sieht Alex zu, wie sein Vater, der durch Straßenverkauf von eigenen Gemälden und Fabrikarbeit ein bisschen Geld verdient, sich immer mehr als Bild des Versagens sieht.

Kulisse für den Großteil der Handlung des Films ist eine im Stil und Farbigkeit der deutschen Filme der letzten Jahre gestaltete Fabrikhalle, wo Alex’ Familie zusammen mit anderen „Dazugestoßenen“ wohnt. Die Gemeinschaft, die eine große Familie, aber genausogut eine Filmcrew sein könnte (Kameramann, Tonfrau, Fotograf, Köchin, Maler, Regisseurin und Hauptdarsteller), nimmt durch die immer existenzialistischere Stimmung um Alex’ Vater die Konturen eines Minisystems an, in dem sich Beziehungen und Probleme verwickeln, die schließlich zur Scheidung von Alex Eltern führen.

Zwar gefällt sich der Film ein wenig in seinen Wirrungen und Verirrungen, um sich selbst einen künstlerischen Touch zu verleihen. Bestimmend aber ist einerseits die sehr leichte und dynamische Kameraführung, die eine stimmungsvolle Welt erschafft, und andererseits Alex, der Hauptcharakter (in einer besonders qualitativen und stimmungsvollen Verkörperung durch Adrian Gössel), der als Kind die Welt um sich herum erzählt. Es entsteht so eine Mischung von Märchen und Alltagsrealismus. Die Erlebnisse zu Hause, in der Schule, beim Judotraining sowie die erste Liebe sind alle umwoben von leichter Tragik und Mystik zur gleichen Zeit, die um jede Ecke lauernde Heimatlosigkeit wird durch die ad hoc erschaffene Mikroheimat in einer Fabrikhalle ersetzt. Die Heimat, die man für diese Fabrikhalle eingetauscht hat, wird durch selbstgedrehte, teils fantastische Filme kompensiert, wo man zum Beispiel als „hungernde Fliege“ sein Schicksal verarbeitet. Das Leben wird zum Spiel, die Regeln schafft man nicht selber, sondern die Umstände erzeugen sie. Das wird dem Vater zum Verhängnis, er ist nicht fähig, das Spiel mitzuspielen, er verstrickt sich stattdessen in seiner egozentrierten Heimatssucht und verlässt seine Familie.

So werden Versprechen nicht eingehalten, so wird das Märchen von Buenos Aires für Alex nie vollkommen gestaltet, so kann und will er seinem Vater nicht verzeihen. Doch das Erwachsensein ändert alles, Vater und Sohn versöhnen sich, und die Polemik des Films wird nochmal am Ende aufgenommen, diesmal als Buenos Aires ohne Vater. Die Lücke wird ergänzt, die Wunden geheilt.


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