Screenshot deckt auf! - Al-Qaida in Twin Peaks



Bekkay Harrach alias "Abu Talha, der Deutsche" hat schon zweimal Deutschland im Namen al-Qaidas Videobotschaften geschickt. In der dritten, über die SPIEGEL Online gestern berichtete, droht er mit Anschlägen für den Fall, dass die deutschen Truppen nicht bis 14 Tage nach der Bundestagswahl abgezogen werden.



Aber da wir Filmfreunde wissen, dass die Botschaft nicht nur in den Worten steckt, ist uns klar, dass alles noch viel schlimmer ist. Der schwarze Anzug, den Harrach trägt, und vor allem der rote Vorhang hinter ihm - das alles kommt uns nicht umsonst bekannt vor: Natürlich, das Drohvideo wurde in der „Red Lounge“ gedreht, die uns dank David Lynchs und Mark Frosts bahnbrechender Twin Peaks –Fernsehserie (und natürlich Lynchs Kinofilm dazu, FIRE WALK WITH ME, von 1992) bekannt ist.


Wir erinnern uns: Special Agent Dale Cooper – meist korrekt im schwarzen FBI-Zwirn – kommt in das idyllische US-Waldstädtchen Twin Peaks im nordwestlichen Staate Washington. Dort soll er den Mord an der Highschool-Schönheit Laura Palmer aufklären. In dem skurrilen Reigen muss er auch mal auf quasi-jenseitige Hilfe zurückgreifen (denn schließlich ist auch der Mörder sowas wie ein Geist). Und eben jene enigmatischen Gestalten, der Riese, der rückwärts-vorwärts tanzende und redende Zwerg, Killer-Bob – sie alle entstammen einer fremden, mysteriösen Dimension, der „Red Lounge“ mit ihren – der Name sagt’s – roten Vorhängen.

Nun könnte man die verblüffende Ähnlichkeit des al-Qaeda-Videos darauf zurückführen, dass Bin Laden ein so großer Twin-Peaks-Fan ist (die Serie war schließlich ein internationales Phänomen) und Abu, den Deutschen beorderte, in den FBI-Dress zu steigen. Immerhin musste er sich das Haar so schön zurechtschmieren wie dereinst Cooper-Kyle McLaghlan.

Doch das ist natürlich hanebüchener Unfug. Viel wahrscheinlicher und unheimlicher ist, dass es die „Red Lounge“ wirklich gibt und sie nicht einfach nur eine der wilden Erfindungen David Lynchs ist wie der Elefantenmensch oder der Mulholland Drive.

Da können die Amerikaner noch so sehr im pakistanischen Stammesgebiet ermitteln oder in den Höhlen von Tora Bora stöbern – der Terrorpate und seine Crew haben daheim bei ihnen im Wald (oder da ist zumindest der Übergang in die nichtweltliche Red Lounge) Unterschlupf gefunden. Bei viel undurchschaubareren Gastgebern als den Taliban!

Machen der „Man from Another Place“ und seine Freunde jetzt etwa auch auf Jihad? Plötzlich und im Rückblick wird so manches klar: die bärtigen (!) verwilderten „Holzfäller“, für einen kurzen Moment in FIRE WALK WITH ME zu sehen (einer davon wird von Jürgen Prochnow gespielt, weiß der Teufel, warum) – waren diese „Holzfäller“ wirklich nur „Holzfäller“?



Der Mörder und Schänder der schönen Laura Palmer war auch nicht ihr SPOILER! SPOILER!! Papa, sondern dieser von „Killer Bob“ in Besitz genommen, fremdgesteuert. Bob ist schließlich auch, in der letzten, düsteren Episode, in Dale Cooper gefahren, so dass es der böse Doppelgänger „hinaus“ schaffte. Wo der echte Dale Cooper geblieben ist bzw. ob er von Bin Laden nun übers FBI und seine Methoden ausgehorcht wird, soll für den Moment nicht kümmern – schließlich haben wir nun ein dickes Problem in Sachen „Schläfer“! Schnellstmöglich müssen die BKA-Raster umgeschrieben werden, und auch bei den ESTA-USA-Einreiseformalität ist hurtig die Frage, ob man einer terroristischen Vereinigung angehört zu ersetzen: „Waren oder sind Sie aktuell von einem zotteligen, finster dreinblickenden Dämon in Jeansjacke und -hose besessen?“ Und gemeint ist hier nicht der saudische Milliardär, der trägt lieber Flecktarn und so.



Taucht der sanfte Riese nicht nur Nächtens einfach so aus dem Nix auf, um umständliche Tipps zur Mörderhatz zu bringen, sondern per Sprengstoffgürtel Unheil?

Das geht natürlich zu weit, viel zu weit, das sind alles heillose Spekulationen und Panikmache. Zu unterschiedlich dürften z.B. die Glaubenssysteme von Gast und Gastgeber sein: Fundamentalislam hier, gelebte Konkrete Agnostik dort.

Gewiss ist nur: Stillvoller gehaust hat das al-Qaida-Oberkommando wohl nie, mit von draußen reingereichtem Blaubeerkuchen. Und verdammt gutem Kaffee.


Demnächst: Die Wechsel(balg)beziehung der nordirischen republikanischen Paramilitärs mit dem The Stepford Wives- und Rosemary's Baby-Autor IRA Levin.