HANGOVER (THE HANGOVER)

Vegas, baby, Vegas!

von Maximilian Miguletz


USA 2009, Regie: Todd Phillips; Buch: Jon Lucas, Scott Moore; Kamera: Lawrence Sher; Musik: Christophe Beck; Produktion: Todd Phillips, Daniel Goldberg.

Darsteller: Bradley Cooper (Phil Wenneck), Ed Helms (Stu Price), Zach Galifianakis (Alan Garner), Justin Bartha (Doug Billings), Heather Graham (Jade), Sasha Barrese (Tracey Garner), Jeffrey Tambor (Sid Garner), Ken Jeong (Mr. Chow), Rachael Harris (Melissa).

Verleih: Warner
Laufzeit: 100 Minuten
Kinostart Dtl.: 23.07.2009

IMDb-Link

Komödien können einen virtuos konzipierten, komplexen Plot haben. Ihre Figuren können detailliert ausgearbeitet und maximal authentisch sein. Sie können wertvolle Botschaften transportieren und belehren, aufklären, inspirieren. Die Kamera kann Bilder von epischer Signifikanz kunstvoll einfangen. All das kann der Fall sein und den Film erhöhen. Aber all das nutzt so gut wie nichts, wenn die Komödie nicht lustig ist. Also, direkt auf den Punkt gebracht: Ist „Hangover“ witzig? Ja, sehr.

Der Überraschungshit von Regisseur Todd Phillips („Starsky & Hutch“, „Old School“), aus der Feder des Autorenduos Jon Lucas und Scott Moore („Mein Schatz, unsere Familie und ich“), bringt den Zuschauer fast nonstop zum Lachen; was Komödien heutzutage selten schaffen. Das Spektrum der Kinopossen gestaltet sich eher beschränkt. Gimmick-Comedys, die auf die Eigenheiten ihres Stars setzen („Paul Blart“), fäkalhumoristische Ekelwitzfilme („Deuce Bigalow“), Parodiekatastrophen („Fantastic Movie“) und amüsante Independentfilme, die u.a. gefällig für Wohlbefinden und Lächeln sorgen, aber ohne die großen Schenkelklopfer daherkommen („Sunshine Cleaning“) – da ist es eine Wonne, endlich mal wieder einen Film im Lichtspielhaus zu sehen, dessen Gagdichte und -qualität den meisten Witzemüll der letzten Jahre deutlich übertrumpfen.

Würde man anhand der Prämisse des Films nicht unbedingt vermuten. „To a night the four of us will never forget“, prosten sich vier Freunde auf einem Hoteldach in Las Vegas zu. Sie feiern den Junggesellenabschied von Doug, der zwei Tage später heiraten soll. Am nächsten Tag wachen Phil (Bradley Cooper), Stu (Ed Helms) und Alan (Zach Galifianakis) in einem unfassbar verwüsteten Hotelzimmer auf und können sich an keine Sekunde der Nacht erinnern. Warum läuft ein Huhn durch den Raum? Wo kommt der Tiger im Badezimmer her? Wo ist Stus Schneidezahn? Wieso trägt Phil ein Krankenhausarmband? Wem gehört das Baby im Schrank? Und vor allem: Wo ist Doug?

Clevere Ausgangslage. Die drei Feierfighter versuchen die vergangene Nacht zu rekonstruieren, um ihren Freund zu finden, sind so sowohl die Detektive ihres eigenen Falls, als auch unsere Fremdenführer durch extreme Begebenheiten und skurrile Situationen, mit dem bevorstehenden Hochzeitstermin des abhanden gekommen Bräutigams als tickendem Countdown. Las Vegas dient dabei als extravagante Kulisse und die Eskalation im Rausch als Auslöser für reihenweise kreative Einfälle, die übertrieben sind, aber nicht an den Haaren herbeigezogen. Gleichsam sind die Witze nicht ausnahmslos Pointen willkürlich eingestreuter Episoden, sondern fußen auf dem Handeln der Protagonisten.

Hilfreich dabei sind die Figuren. Keine vollends dreidimensional entwickelten Charaktere, dennoch über den Status der klischeehaften Hüllen hinweg. Einem Stereotyp – dem des skurrilen Außenseiters und Troubleshooters – am nächsten kommt der tumbe, unwirklich eigenwillige Alan. Stand-Up-Comedian Zach Galifianakis schafft es aber seiner Rolle emotionale Tiefe zu verleihen und bietet nicht nur die witzigste Darstellung, sondern kreiert in all dem Chaos gleichzeitig, auf sehr eigene Weise, das moralische Zentrum des Films. Während das Hauptaugenmerk also auf dem Humor liegt, entwickelt sich eine Verbundenheit zu den Figuren. Es ist nicht egal, was den Typen da auf der Leinwand widerfährt.

Flotte Testosteronsprüche à la Buddy-Movie, Anspielungen auf „Rain Man“, „A Beautiful Ming“, „Casino“ und „Fear and Loathing in Las Vegas“, aberwitzige Situationen, ein durchgehend hohes Erzähltempo, „einschlagendes“ Stunt casting, Klischee-Erfüllung sowie -unterwanderung, ein phänomenaler Abspann – „Hangover“ ist einer der witzigsten Kinofilme des Jahres.